Das Kolumbus-Projekt: Ist das New Work?
Um Ihnen das weite Feld der neuen Arbeitsformen ein wenig näherzubringen, haben wir uns Unterstützung von einem Profi geholt. Unser Kollege Manuel ist langjähriger Gelsenwasser-Mitarbeiter. Er war drei Jahre lang Innovationsmanager bei Kolumbus und sozusagen einer der “Geburtshelfer”. Was es mit Kolumbus auf sich hat, verraten wir Ihnen gleich. Manuel ist 41 Jahre alt und lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Solingen. Bei der GELSENWASSER AG ist er für Energieprojekte und Innovationen zuständig und befasst sich insbesondere mit der Entwicklung und Ausgestaltung der Elektromobilität.
Was ist Kolumbus?
Kolumbus ist ein Zusammenschluss von drei Unternehmen: DEW21 aus Dortmund, die Stadtwerke Bochum sowie Gelsenwasser haben sich in Essen zu einer Innovationsplattform vereint. “Energie. Impulse. Ideen.” hat Kolumbus sich auf die Fahnen geschrieben. Ziel ist es, durch den Zusammenschluss der drei Unternehmen Innovationen in den Bereichen Digitalisierung, Automatisierung sowie Agilität zu finden, neue Geschäftsmodelle auszuprobieren und anschließend schnell umzusetzen.
Vereinfacht gesagt heißt das: Die Mitarbeiter*innen aus den drei Unternehmen überlegen sich, wie man Innovationen stärker vorantreiben kann, indem nicht jedes Unternehmen sein eigenes Süppchen kocht, sondern alle von den guten Ideen profitieren, und zwar in einem gemeinsamen Projekt wie Kolumbus. Die Ergebnisse und Erkenntnisse können die Beteiligten anschließend in ihr Unternehmen tragen. Diese Art zu arbeiten ist neu – New Work eben.
In der Praxis sieht das zum Beispiel so aus: Im zuletzt abgeschlossenen Projekt zum maschinellen Lernen fand Gelsenwasser im Rahmen von Kolumbus eine Lösung zur Abwasserreinigung einer industriellen Kläranlage, die den Chemikalieneinsatz verringert, den manuellen Überwachungseinsatz reduziert und letztendlich auch die Betriebskosten senkt.
Mehr als nur Schlagworte: New Work und Agilität
Die Hoffnung, eine klare Definition von New Work zu erhalten, nimmt Manuel uns im Gespräch bestimmt, aber charmant: “Es gibt keine richtige Definition von New Work. Es bedeutet Umdenken im Kopf, nicht nur Post-Its an die Wand kleben und alles ist anders.” Er erklärt, dass es dabei um eine andere Gestaltung des Arbeitsplatzes geht und eine andere Form der Arbeitsorganisation. Eine inspirierende Umgebung ist wichtig für Menschen – vor allem dort, wo gearbeitet wird. Das kann für jedes Unternehmen etwas anderes bedeuten. Außerdem spielen laut ihm digitale Kollaborationsmedien wie Software zur gemeinsamen Projektarbeit eine große Rolle, und das nicht erst seit Corona.
Er berichtet, dass alle Beteiligten zu Beginn bei Kolumbus sich mit neuen Arbeitsformen beschäftigt haben und dabei schnell beim Thema Agilität gelandet sind. Das war für alle Neuland, sodass sich das Kolumbus-Team einarbeiten, schulen und ausbilden lassen musste.
Bei neuen Arbeitsformen gibt es keine Patentrezepte
Manuel räumt jedoch ein, dass Agilität nicht immer und überall die eierlegende Wollmilchsau sei. Agiles Arbeiten eignet sich vor allem für das Projektgeschäft, jedoch nicht bei wiederkehrenden, standardisierten Arbeitsprozessen. Klassische agile Elemente sind regelmäßige Planungsmeetings, in denen besprochen wird, wann eine bestimmte Aufgabe fertig sein und was dabei herauskommen muss. Es handelt sich um kurze Meetings, manchmal täglich, in denen jede*r berichtet, wo man gerade mit seiner Arbeit steht und welche Probleme auftreten. Auch Feedbackschleifen erhöhen die Transparenz enorm – auch gegenüber den Kund*innen.
Ein wichtiger Aspekt, um die Innovationsentwicklung aufrecht zu erhalten: Die räumliche Trennung solcher Innovationsplattformen vom Tagesgeschäft und den eigentlichen Unternehmensstrukturen. Kolumbus ist damals auch in einen Coworking Space gezogen , getrennt von den eigentlichen Standorten von DEW21, den Stadtwerken Bochum und Gelsenwasser.
Coworking Spaces: zusammenarbeiten und netzwerken
Coworking Spaces erfreuen sich aus mehreren Gründen wachsender Beliebtheit. Das Konzept dahinter ist simpel: Die Räumlichkeit ähnelt einem modernen Großraumbüro, aber es gibt keine festen Arbeitsplätze. Einzelunternehmer*innen oder Start Ups können sich dort einen Arbeitsplatz oder Büroräume mieten. Der Sinn hinter den flexiblen Arbeitsplätzen ist der Austausch und die Vernetzung mit anderen Unternehmer*innen. Dort kann man fokussiert arbeiten, aber auch Kontakte knüpfen, Veranstaltungen besuchen und an neuen Projekten zusammenarbeiten. Coworking bedeutet mehr als nur geteilte Büros, es geht um Gemeinschaft, Synergien und Wissensaustausch.
Nicht zuletzt spielen für Start Ups und Jungunternehmer*innen die Kosten eine Rolle: Einen Arbeitsplatz gibt es mancherorts schon für unter 100 Euro pro Monat. Dabei profitieren die Coworker von allen Vorteilen der Bürogemeinschaft: schnelles WLAN, Kopierer, Kaffeeküche und vieles mehr. In der Regel findet auch jede*r einen Arbeitsplatz für die eigenen Bedürfnisse: von der ruhigen Ecke für maximale Konzentration bis zur produktiven Diskussionsrunde ist alles dabei. Wir stellen Ihnen nachfolgend kurz zwei Coworking Spaces aus der Region vor.
digitalCampus.Nordkirchen e.V.
Coworking Spaces findet man primär in größeren Städten wie Essen oder Münster. Aber auch im ländlichen Bereich stößt man öfter auf diese Arbeitsorte, denn die Digitalisierung findet auch außerhalb der Großstadt statt. Der digitalCampus in Nordkirchen ist ein Beispiel für eine innovativen Ort zum Zusammenarbeiten und Austauschen. Seit 2018 siedeln sich dort nicht nur Start-ups und Privatpersonen an, sondern auch etablierte Unternehmen und Bildungseinrichtungen. Hier entstehen neue Ideen und Netzwerke in einer kreativen, unabhängigen Umgebung. Bis Ende des Jahres kann übrigens jede*r, der genug vom Home Office hat, kostenlos in den Coworking Space reinschnuppern.
Work Inn Coworking Spaces im Ruhrgebiet
Im Ruhrgebiet gibt es in verschiedenen Orten Coworking Spaces der Work Inn-Gruppe, die Arbeitsplätze und Büros vermietet. Zum Beispiel in der “Grünen Oase” in der Essener Innenstadt, dort gibt es sowohl einzelne Arbeitsplätze als auch Büros und Seminarräume. Das Work Inn Essen möchte Menschen zu mehr Produktivität und einem guten Netzwerk verhelfen – egal, ob junge*r Gründer*in oder Großunternehmen. Auch hier werden regelmäßig Events angeboten, momentan natürlich rein digital.
New Work: Definitiv ein Zukunftsmodell
Wie sieht es mit neuen Arbeitsformen bei der GELSENWASSER AG aus? Manuel berichtet, dass schon einiges umgekrempelt wurde. Er sieht Kolumbus als eine Art Satellit, der eine gewisse Strahlkraft auf den Mutterkonzern hat. Bei der GELSENWASSER AG wurde vieles verstärkt mit digitalen Technologien umgesetzt – besonders hilfreich in Zeiten der Corona-Pandemie. Außerdem wurden zwei Coworking Areas mit flexiblen Arbeitsplätzen geschaffen, die genügend Ausweichfläche bieten, damit Abstandsregeln eingehalten werden können.
Abschließend blickt unser Kollege kurz in die Zukunft. Corona hat in seinen Augen gezeigt, dass mobiles Arbeiten durchaus funktioniert. Er mutmaßt: “Vielleicht wird sich das ein oder andere Unternehmen fragen: Brauche ich noch riesige Gebäude? Werde ich vielleicht sogar zum Coworking-Anbieter?” Vermutlich wird in Zukunft die Internetanbindung wichtiger sein als die Raumgröße. Am Ende des Gesprächs fügt er hinzu: “Ein festes Büro mit meinem Namen auf dem Türschild - ich bräuchte das nicht.” Wir sind gespannt, was die Zukunft bringt und danken Manuel für den interessanten Austausch!
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Kolumbus