Ist das Kunst – oder muss das weg?
Graffiti-Projekte verschönern Städte und Gemeinden und geben der Street Art einen Raum.
Graffiti nerven – wenn sie illegal auf privates oder öffentliches Eigentum gesprayt werden. Darum versuchen immer mehr Kommunen, der Szene legale Räume anzubieten und Graffiti als Kunst zu präsentieren. Auch private Hausbesitzer erfreuen Spaziergänger und Autofahrer immer öfter mit Wandbildern statt grauer Mauern. Wir zeigen Beispiele aus der Region und sagen, was man zu Graffiti wissen muss.
GEsprayt – Gelsenkirchen macht Ärgernis zu Kunsträumen
Schon lange gibt es im Gelsenkirchener Stadtgebiet Mauern und Wände, die Newcomern und alten Hasen der Graffiti-Szene legal zur Verfügung stehen. Wie etwa im Lohmühlenpark nahe der Arena. Für Spaziergänger, Gassi-Geher und Anwohner gehört die Graffiti-Wand zum Park und alle schauen sich gern an, was sich wieder Neues getan hat. Um die Ecke – an der Verkehrsschlagader Kurt-Schumacher-Straße - gibt es eine renovierte Mauer, die auch oft mit Tags und Sprüchen „verziert“ wurde. Hier aber ungewollt und zum Ärger der Anwohner.
Statt immer wieder teuer die Sprays entfernen zu lassen, geht die Stadt neue Wege. Rund 15 Künstler*innen der lokalen Graffiti-Szene verwandelten die Mauer in einen Hingucker, die Stadt zahlte Grundanstrich und Spraydosen (ca. 13.000 €). Initiiert wurde das Vorhaben von Bezirksvertretung und örtlicher Stadterneuerungsgesellschaft. Diese hat ihr Büro im südlichen Stadtteil Ückendorf und ist mit der Graffitiszene der Stadt gut vernetzt. In Ückendorf werden bereits zahlreiche Hauswände von Graffiti verziert. In den vergangenen Jahren fand mehrfach eine „PottWall-Jam“im Stadtbezirk statt, eine Aktion der Streetart-Initiative Gelsenkirchen.
Eine andere private Initiative hat im Citybereich Buer den Robinienhof künstlerisch attraktiv gestalten lassen – vorher eine triste Verbindung der Einkaufsstraßen. Der Gelsenkirchener Graffiti-Künstler Beni Veltum und Lichtdesigner Manuel Moreno haben den Innenhof zu einem Schmuckstück verwandelt.
Legale Graffiti-Flächen und -Angebote plus gewolltes Gestalten „langweiliger“ Orte – dieses Konzept kommt an und wird mit immer wieder neuen Projekten weitergeführt.
Erfreuen das Herz: Wandbilder statt grauer Mauern
Ähnliche Projekte findet man auch im Münsterland, etwa in Olfen. In den Steverauen hat die Stadt nicht nur einen Skaterpark eröffnet, sondern gleich auch die begrenzende Mauer mit einem zur Landschaft passenden Wandbild gestaltet. Und sogar das St. Antonius-Kloster in Lüdinghausen hat seine Außenmauer für die Kunst zur Verfügung gestellt und wird durch eine christliche Szene verschönert.
Immer mehr triste Wände werden in absolute Hingucker verwandelt - mit der Hoffnung, dass die Kunstwerke nicht mit ungewollten Tags versehen werden…
Wie alles begann….
Sie möchten mehr zu Graffiti wissen? Ein sehr gutes Lexikon mit allem Wissenswerten hat die Stadt Bochum auf Ihren Seiten zusammengestellt.
Hier erfährt man wirklich alles über Hintergründe und die Szene.
Graffiti gehören heute zum Stadtbild dazu, oft sind sie immer noch illegal und ein Ärgernis, hier gilt für die meisten: das muss weg. Doch Graffiti ist auch Kunst und es ist gut, dass viele Projekte der Szene mehr Raum geben
Das Wort Graffiti hat seine Wurzeln im Altgriechischen und bedeutet „kratzen“ oder „das Gekratzte“. Damals wurden bei der Fassadengestaltung der Hauswände verschiedenfarbige Putzschichten übereinander angebracht. In die Oberste kratzte man Muster, so dass die darunterliegenden Putzschichten sichtbar wurden. Denn: Wandmalerei gab es schon immer, ob Höhlenmalereien in der Steinzeit, reich bemalte Grabstätten der Ägypter, christliche Illustrationen in Kirchen oder das heutige moderne Graffiti.
Das tauchte erstmals Anfang der 60er Jahre in den USA auf. Ein New Yorker Fahrradbote hinterließ bei Touren auf diversen Hauswänden im gesamten Stadtgebiet seinen Namen „TAKI" und seine Postleitzahl „183“. Dies gilt als Geburtsstunde des Tags. Hunderte Jugendliche folgten seinem Beispiel, um ähnlich große Präsenz in der Öffentlichkeit zu erlangen. Meist bei Nacht sprayten sie illegal ihren Künstlernamen (der Anonymität garantiert) an Hausfassaden, Unterführungen und U-Bahnstationen. Einzelne Sprayer feilten ihre Tags zu großen, aufwändigen, mehrfarbigen und technisch ausgereiften Motiven - teilweise mit 3-D-Effekten – aus. Alles, um besser aufzufallen. Neben den Namenskürzeln fanden sich dann bald auch Bilder und Figuren (sogenannte pieces) auf den Wänden wieder.
Graffiti – Sprache
Aerosol: Synonym für Sprühdose (französisch)
battle: auf künstlerischer Ebene ausgetragener Konflikt in der Sprayer-Szene
burner: besonders gut gelungene Graffiti / Graffiti an einem besonderen Ort
car: Graffiti auf Waggons von U-Bahn, S-Bahn oder Bundesbahn
crossen: zerstören von Bildern eines anderen Sprayers
dissen: jemanden abwerten oder verspotten
fame: verbreiten von Namen/Buchstaben/Elementen, um in der Szene berühmt zu werden
wall of fame: freigegebene Flächen, um legal zu sprayen
on the run (otr): schnelles Anbringen eines Schriftzuges im Vorbeilaufen
piece: großes gespraytes Bild mit Buchstaben, figurativen Elementen, Botschaft und Unterschrift des Sprayers
scratching: ritzen der Bilder/Schriftzüge in Scheiben von Bahnen/Telefonzellen
spot: Orte, die zum Malen eines Bildes besonders geeignet sind
tag / hit: einfache, persönliche Signatur oder Unterschrift des Writers
Wak: schlechtes oder zerstörtes "piece"
wild-style: komplizierte, wild verschlungene Bilder/Elemente
Bildrechte:
Alexa Langenstück
Stefanie Grauer
Arne Goebel