Sich einmal wie Han Solo aus Star Wars in seinem „Millennium Falcon“ fühlen. Bis 20 Stundenkilometer hört es sich für Fahrer*innen des reinelektrischen VW ID.3 zumindest so an wie im Cockpit eines Raumschiffs. Das spacige Fahrgeräusch beim ID.3 hat eine deutsche Musikerlegende für Volkswagen produziert. Doch dazu später mehr.
E-Autofahrer*innen bieten sich völlig neue Sounds. Denn bislang fuhren die Stromflitzer von sich aus, von einem leisen Surren abgesehen, geräuschlos. In den Innenstädten mit viel Stop-and-go-Verkehr bewegte man sich damit sozusagen im Flüsterton fort.
Zum Schutz Anderer: Geräuschpflicht im Elektroauto
Gerade für sehbehinderte Fußgänger*innen, Ältere oder Kinder ebenso wie für Radler*innen kann es lebensrettend sein. Um sie zu schützen, hat die Europäische Union eine Verordnung erlassen: Seit dem 1. Juli 2021 müssen alle neuen E-Mobile, Hybrid- oder Wasserstofffahrzeuge über ein sogenanntes Acoustic Vehicle Alert-System, kurz: AVAS, verfügen. Die Warnsysteme liefern künstliche Auto-Sounds, die man nicht nur im Innenraum hört, sondern vor allem draußen – bis Tempo 20 und beim Rückwärtsfahren. Danach, also bei schnellerer Fahrt, tönt das Abrollgeräusch der Reifen laut genug.
Langsam erhöht sich das Geräusch im E-Auto
Zwischen 56 und 75 Dezibel laut muss er sein, der jeweils markentypische E-Auto-Sound, den versteckte Lautsprecher unter der Motorabdeckung erzeugen. Das liegt irgendwo zwischen dem Brummen eines Kühlschranks und einer Waschmaschine im Schleudergang. Die Klanggestaltung ist durch die EU nicht konkret festgelegt. Die Vorgaben, so fasst es der Automobilclub ADAC in einem Kurzvideo zusammen, besagen nur, dass die akustischen Warnsysteme Ähnlichkeiten zum Klang von Verbrennern aufweisen, bis 20 km/h aktiv und nicht abschaltbar sind und bei Beschleunigung lauter werden.
Die Autohersteller freuts und sie nutzen alle Freiheiten der Lautmalerei. Schon seit vielen Jahren tüfteln Sounddesigner am Klang der automobilen Zukunft. Vor allem die großen Autohersteller legen Wert auf einen charakteristischen Marken-Sound und setzen auf Prominenz. Der Musiker Leslie Mandoki, bekannt geworden als Sänger von „Dschinghis Khan“ und später als Star-Produzent unter anderem für Lionel Richie oder Phil Collins, arbeitete mit am Klangbild des ID.3 Volkswagen.
Fiktion oder Tradition – wie klingt die Elektromobilität der Zukunft?
Ein unverwechselbares Sound-Design ist auch anderen Automarken wichtig. BMW etwa setzte auf den Filmkomponisten Hans Zimmer, dessen Soundtracks schon ein Dutzend Mal für den Oscar nominiert waren und zweimal gewannen. Gemeinsam mit Renzo Vitale, Creative Director Sound beim Hersteller, komponierte Zimmer eine neue Auto-Audio-Vision: ein cooler Elektrosound irgendwo zwischen abhebendem Düsenjäger und Star Trek. Und während Audi für seinen e-tron GT mit üppigen 32 Tonspuren arbeitete, entschieden sich die Soundtüftler bei Mercedes für vornehme Zurückhaltung: Ihr Klang verstärkt lediglich vorhandene Geräusche, was dann ungefähr so klingt wie das Abrollen der Reifen auf dem Asphalt.
Elektroauto: Welcher Sound darf es sein?
Sämtliche Tontüftler standen anfangs vor dem gleichen Problem: Wie klingt etwas, das es noch nicht gibt? Klar ist: Ein Auto, das keine Zylinder hat, braucht auch nicht laut zu röhren.
Trotzdem sollte der Ton mehr als ein reines elektronisches Infosignal sein, dann würden ein kurzes Piepen oder Pfeifen reichen. Für die Käufer von eher sportlichen E-Autos sei der richtige Sound entscheidend für das Fahrerlebnis, sagt BMW-Experte Renzo Vitale auf Spiegel Online.
Für Fahrer*innen, die sich einen anderen Ton wünschen als werksseitig vorgegeben, ist die EU-Verordnung indes eine Enttäuschung. Eine Art „Audio-Tuning“ gibt es nicht. Dinge wie eine „Boombox“, die Tesla für US-amerikanische Kunden anbietet und mit der der Sound nach Belieben modifiziert werden kann, sind in der EU nicht zugelassen. Jedoch werden E-Mobilist*innen künftig zwischen verschiedenen Klängen auswählen können: Beim Renault Zoe haben sie schon heute drei Optionen: Voice Glam, Voice Pure oder Voice Sport.
Am Ende müssen E-Mobilist*innen wohl darauf vertrauen, dass die Soundprofis schon irgendwie wissen, wie die Zukunft auf deutschen Straßen im besten Fall zu klingen hat. Nur eines ist sicher: Sie wird im Vergleich zur alten Verbrennerwelt immer noch deutlich leiser sein.
Tipp:
Bund und Land unterstützen die Anschaffung von Elektrofahrzeugen mit satten Zuschüssen.
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