Großflächiger Stromausfall nicht zu befürchten
Von einem Blackout sprechen Experten, wenn ein größerer Teil des europäischen Verbundnetzes oder gar das gesamte Netz ausfallen würde. Nach Auffassung der Bundesnetzagentur (BnetzA) müsste dazu folgendes Szenario eintreten: ein zu hoher Strombedarf bei zu geringer Erzeugung gepaart mit einem „schweren Fehler an neuralgischen Stellen des Übertragungsnetzes“. Da das Stromnetz jedoch mit mehreren Sicherungen und Backups ausgestattet ist, um einen vollständigen Zusammenbruch zu verhindern, hält die Bundesnetzagentur einen Blackout für „äußerst unwahrscheinlich“.
Großflächige langanhaltende Stromausfälle habe es in Deutschland bislang nicht gegeben, so eine Stellungnahme der Bundesregierung von November. Wirtschaftsminister Robert Habeck bekräftigte Anfang Dezember gegenüber der Presse, dass er auch jetzt keine Blackout-Szenarien wegen einer Unterversorgung mit Strom befürchte. Die Verfügbarkeit von Energie zur Stromerzeugung für diesen Winter sei gesichert, alle Kapazitäten seien am Netz.
Blackout eher unwahrscheinlich, Stromausfälle möglich
Kerstin Andrae, Chefin des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft Kerstin Andrae hält einen Blackout in Deutschland ebenso für „sehr unwahrscheinlich“. Nicht auszuschließen seien jedoch „Situationen, in denen regional kurzfristig abgeschaltet werden muss. Das wäre jedoch kein klassischer Stromausfall, sondern ein kontrollierter Eingriff, um die Netze zu stabilisieren, damit die Versorgung deutschlandweit gesichert bleibt“, so die BDEW-Chefin weiter. In der Fachsprache heißt ein solcher Eingriff „Brownout“.
Was ist ein Strom Brownout?
Es ist selten, aber es kommt vor, dass Prognosen einen erhöhten Strombedarf voraussagen, der sich nicht mit kurzfristigen Stromeinkäufen im Ausland decken lässt. Dann sind die deutschen Übertragungsnetzbetreiber dazu angehalten, den Strombedarf zu drosseln, damit das Netz nicht überlastet wird. Solche kontrollierten Eingriffe werden im Fachjargon „Brownout“ genannt. Dabei wird die Spannung in einzelnen Stadtteilen heruntergeregelt. Und zwar hintereinander, nicht in mehreren Quartieren gleichzeitig, damit der Strom je Haushalt möglichst kurz unterbrochen wird.
Bevor im Stadtteil die Lichter ausgehen, werden zunächst besonders energieintensive Unternehmen vom Netz genommen, denn diese dienen als Puffer im Stromnetz. Dazu gibt es Verträge zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und den industriellen Großkunden. Der Brownout wird nur im äußersten Fall angewendet und dauert in der Regel 90 Minuten. „Unternehmen und Einrichtungen der kritischen Infrastruktur, wie etwa Krankenhäuser, Trinkwasserversorger und Abwasserentsorger wären in einem solchen Fall natürlich nicht gefährdet – denn sie verfügen ohnehin über Notstromaggregate“, betont Kerstin Andrae.
Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz: Weniger Gas für die Stromerzeugung
"Wir sind in einer sehr angespannten Situation, aber Panikmache hilft uns hier nicht weiter", so Kerstin Andrae.
Aus Sorge davor, im Winter in einer kalten Wohnung zu sitzen, haben sich viele Gaskund*innen einen mobilen Heizlüfter zugelegt. Vom Gebrauch der Stromfresser rät Kerstin Andrae ausdrücklich ab und mahnt zur Besonnenheit: „Die privaten Haushalte gehören zu den geschützten Kunden!“ Im Fall eines echten Gasmangels würden diese also zuerst versorgt. Mit dem Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz ermöglicht es die Bundesregierung zudem, dass weniger Erdgas bei der Stromerzeugung eingesetzt wird. Alte oder bislang nur zur Reserve bestimmte Öl- und Kohlekraftwerke dürfen seitdem wieder am Markt teilnehmen. „Sollte trotz aller bereits eingeleiteter und noch anstehender Maßnahmen doch die Situation eintreten, dass das Gas knapper wird, dann werden die Haushalte stets vorrangig beliefert. Dieses Privileg haben sonst nur noch Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr und Co – und es ist gesetzlich verankert“, ergänzt Kerstin Andrae.
Strom sparen hilft gegen den Gasmangel
Tipp: Weniger Energie zu verbrauchen, ist gar nicht so schwer und funktioniert auch mit kleinem Budget. Bei uns im Erenja-Magazin finden Sie viele Tipps, um Strom, Heizenergie und Warmwasser zu sparen. Stöbern lohnt sich!
2021 wurden noch rund 16 Prozent des in Deutschland hergestellten Stroms aus Erdgas gewonnen. Doch infolge der Ukraine-Krise ist für 2022 ein Rückgang der teuren Gasverstromung zu erwarten. In der ersten Jahreshälfte 2022 betrug der Erdgasanteil an der Stromerzeugung „nur“ noch 11,7 Prozent. Ein völliger Verzicht auf Gas in der Stromerzeugung hingegen ist nach Auffassung des Bundeswirtschaftsministeriums derzeit nicht möglich.Gas sei vor allem in Spitzenzeiten nötig, um die Stromversorgung von Verbrauchern nicht zu gefährden. Umgekehrt heißt das aber auch: Wer zu Hause Strom spart, tut etwas gegen sinkende Füllstände in den deutschen Gasspeichern. Die Gas-Knappheit der letzten Monate hat außerdem dazu geführt, dass die Preise für Erdgas und Strom rasant gestiegen sind. Schon deswegen ist Energiesparen ein Gebot der Stunde – außerdem leistet man damit in der Krise einen Beitrag für die sichere Energieversorgung in Deutschland.
Energie- und Wärmewende beschleunigen
Für unabdingbar hält die BDEW-Chefin den Aufbau von LNG-Terminals, die Erhöhung der Importmenge aus anderen Ländern und eine nachhaltige Sicherung der Füllstände in den Gasspeichern.
Wie kommt Deutschland aus dieser Energiekrise, ohne dass die Klimaziele zu kurz kommen? Die Energiewirtschaft arbeite mit Hochdruck daran, kurzfristig Energiemengen aus Russland zu substituieren und einzusparen und mittel- bis langfristig unabhängig von fossilen Rohstoffen und damit auch von russischen Importen zu werden, betont Kerstin Andrae. „Dauerhaft unabhängiger zu werden, heißt aber auch, jetzt sämtliche Weichen in Richtung Ausbau der Erneuerbaren zu legen. Im Wärmesektor werden beschleunigte Altbausanierung und die Ablösung fossiler Technologien durch klimaneutrale Systeme jetzt noch wichtiger. Zudem müssen die Bedingungen für Netzausbau und Wasserstoff-Hochlauf schnellstens verbessert werden“, fordert Kerstin Andrae. Das Motto könne derzeit nur noch heißen: „Beschleunigung jetzt!“
Gut so: Heizlüfter bleiben im Keller
Heizlüfter anschalten, um bei hohen Gaspreisen Geld zu sparen: vor dieser Idee warnen Verbraucherschützer. Mit dem Dauereinsatz der Stromfresser spart man kein Geld, sondern treibt allenfalls seine Stromrechnung in die Höhe. Zudem sind die Heizlüfter nicht für den Dauergebrauch gedacht und überhitzen schnell. Vor allem in älteren Gebäuden kann so die Elektroninstallation überlastet werden. Eine Heizdecke eignet sich viel besser, da sie deutlich weniger Strom zieht und gezielt Wärme spendet.
Befürchtungen, massenhaft betriebene Heizlüfter könnten Stromausfälle auslösen, haben sich bislang nicht bewahrheitet. Schon nach dem ersten Kälteeinbruch im November 2022 gab der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller im „Tagesspiegel“ Entwarnung. „Die Geräte werden nicht eingeschaltet. Sie stehen im Keller.“ Gut so!
Tipps für alle Ernstfälle
Heizung ausgefallen, Strom weg, Haushalt in Quarantäne? Gut, wenn man für solche Notfälle vorbereitet ist. Einige Anregungen finden Sie hier:
Es werde Licht!
Man sollte immer ein oder zwei Taschenlampen, Reservebatterien und Ersatzbirnchen im Haushalt haben. Eine Alternative bei Stromausfall können solar- oder kurbelbetriebene Taschenlampen sein. Auch Campinggas- oder Petroleumlampen spenden Licht, dann aber auch an Streichhölzer bzw. Feuerzeuge denken. Wichtig: Kerzen wegen der Brandgefahr gut beobachten.
Im Krisenfall gut informiert
Gut, wenn man in besondere Gefahrenlagen Zugang zu Informationen hat. Ein batteriebetriebenes Koffer- oder ein Kurbelradio kann da sehr hilfreich sein. Ebenfalls wichtig: immer eine vollgeladene Powerbank für das Smartphone und das Laptop in petto zu haben.
Heizungsausfall – was tun?
Nicht nur bei einem defekten Heizkessel, auch bei Stromausfall bleiben die Heizkörper kalt. Da hilft nur: warm anziehen und Decken aus dem Schrank holen. Am besten nutzt man nur noch einen Raum und hält die Türen zu den übrigen Räumen geschlossen. Wer einen Kaminofen hat, sollte sich für alle Fälle mit Kohle, Briketts oder Holz eindecken. Bereits stillgelegte Holzöfen darf – wegen der Betriebs- und Brandsicherheit – nur ein Fachbetrieb wieder anschließen. Schornsteinfeger*innen und Feuerwehr warnen davor, in Innenräumen Gas-Heizstrahler, Ethanol-Feuerstätten, Campingkocher, Grills und Feuerschalen zum Heizen zu nutzen. Es besteht akute Vergiftungsgefahr!
Notration anlegen
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rät, für alle Ernstfälle Essen und Getränke für etwa zehn Tage vorzuhalten: zwei Liter Flüssigkeit pro Person und Tag sowie haltbare Grundnahrungsmittel. Diese Online-Checkliste zeigt, woraus der Notvorrat bestehen sollte. Tipp: Die Lebensmittelreserven in den Alltag integrieren, also immer wieder verbrauchen und erneuern – so kann nichts davon verderben. Nicht zuletzt sollte man immer etwas Bargeld im Haus haben, denn bei einem größeren Stromausfall funktionieren auch die Geldautomaten nicht mehr.
An die Behelfsküche gedacht?
Auf einem Campinggaskocher lassen sich kleinere Mahlzeiten bereiten, Gaskartusche nicht vergessen. Wer einen Garten hat oder einen größeren Balkon, kann auch den Holzkohle- oder Gasgrill zum Kochen zweckentfremden. Niemals drinnen grillen!
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