Ladeinfra­struktur: Wie Städter künftig Strom tanken könnten

Mal eben schnell das Elektro­auto laden – davon können Mieter*innen ohne festen Stell­platz für ihr Fahr­zeug nur träumen. Eine freie Schnell­lade­station zu finden ist wie die berühmte Suche nach der Nadel im Heu­haufen. Der schleppende Ausbau der ultra-schnellen Lade­infra­struktur, vor allem in Städten und Ballungs­räumen, ist ein Grund dafür, dass der Hoch­lauf der E-Mobili­tät auf sich warten lässt. Das Problem: Schnell­lader können längst nicht überall aufge­stellt werden, weil das Strom­netz dies nicht hergibt. Die Kapa­zitäten müssen dazu erst erweitert werden. Größere E-Mobility-Hubs, an denen mehrere Stromer gleichzeitig laden können, erfordern sogar einen Direkt­anschluss an das Mittel­spannungs­netz. Die Bau­maßnamen sind jedoch trotz Förderung vom Staat extrem teuer, kosten Zeit und benötigen Platz. Besser wäre eine Lösung, die klein, leise und überall anwend­bar ist.

Prototyp einer Charge-Box

ChargeBox: Ultraschnelles Laden in der Stadt

Exakt das hatten Thomas Speidel und Thorsten Ochs von Unter­nehmen ADS-TEC Energy aus dem schwäbi­schen Nür­tingen im Sinn, die zusammen mit Stefan Reichert vom Fraun­hofer-Institut für Solare Energie­systeme ISE eine inno­vative Lösung entwickelt haben: die ChargeBox. In ihr Schnell­lade­system ist ein Batterie­speicher einge­baut. „Dieser Speicher kann über das lokale Netz mit der dort verfüg­baren geringen Leistung lang­sam aufge­laden werden“, erklärt Thomas Speidel, CEO von ADS-TEC Energy. Kommt dann ein Fahrer mit seinem E-Auto und will es schnell laden, wird die vom Netz verfüg­bare geringe Leistung mit­hilfe der zwischen­gespeicherten Energie in der Batterie so verstärkt, dass das Fahrzeug die Leistung erhält, die es benötigt. Das sei wie bei einem WC-Spül­kasten, der langsam voll­läuft und sich bei Betäti­gung der Spül­taste in wenigen Sekunden ent­leert.

Für ihr Produkt wurden die drei Entwickler und ihre Teams im Jahr 2022 für den Deutschen Zukunftspreis nominiert. Nachfrage erhoffen sie sich von Supermarktketten, Autohändlern, Kommunen bis hin zu Bürogebäuden und Quartieren.

Die Entwickler der Charge Box (v.li.): Thomas Speidel und Thorsten Ochs, ADS-TEC Energy, sowie Stefan Reichert vom Fraunhofer ISE.

Die Preisträger des deutschen Zukunftspreises

© Deutscher Zukunftspreis, Ansgar Pudenz

Dort laden, wo der Strom liegt

Mit der ChargeBox lässt sich eine gängige Fahrzeug­batterie nach Angabe der Entwick­ler binnen 15 Minuten bis zu 80 Prozent laden. Das System macht ultra-schnelles Laden auch dort möglich, wo es das Strom­netz nicht hergibt. Und das mit 160 Kilowatt (kW) Lade­leistung bei zwei Fahr­zeugen und bis zu 320 kW, wenn nur ein Fahr­zeug dort lädt. So könnten auch abgele­gene Stand­orte oder Innen­städte flächen­deckend mit Ultra­schnell­ladern ausge­rüstet werden, ohne dazu die Netze erweitern zu müssen. „Wir wollen nicht mehr unnötige Wege zu Tank­stellen fahren, sondern Elektri­zität nutzen, wo sie bereits ist“, so Speidel.

Ladeinfrastruktur kann das Stromnetz stabilisieren

Auch das Start-up Numbat aus Kempten im Allgäu hat sich auf Schnell­lade­säulen mit Batterie­speicher spezialisiert. Im Frühjahr kündigten die Gründer des Clean-Tech-Unterneh­mens an, Tausende davon auf Super­markt­park­plätzen aufzu­stellen. Ob die dezen­trale Lade­infra­struktur in Zukunft auch helfen kann, das Strom­netz zu stabili­sieren testet Numbat in einem aktu­ellen Pilot­projekt mit dem Über­tragungs­netz­betreiber TenneT. In Zukunft sollen die Schnell­lader quasi als „Vorrats­speicher“ für die Strom­überschüsse aus schwan­kender Wind­kraft und Sonnen­energie genutzt werden und bei Netz­eng­pässen ihre Energie wieder zurück in das Ver­sorgungs­system ein­speisen.

Prototyp der Numbat-Ladesäule an einer Raststätte

© Numbat GmbH

Bordstein-Ladestation der Rheinmetall
Laternen-Ladestation von ubutricity
Symbolbild E-Auto

Pilotprojekte in NRW

Strom von der Bordsteinkante

Gerade in Städten ist der Platz knapp – auch für Lade­säulen. Seit Mai 2023 wird in Köln eine platz­sparende Lade­technik im öffent­lichen Raum erprobt: Lade­bordsteine. Ent­wickelt hat das Konzept der Düssel­dorfer Tech­nologie­konzern Rhein­metall. Die Lade­elektronik ist in der Straßen­kante inte­griert. Der Bord­stein wird quasi zur Lade­säule, „ohne die mit einer solchen verbun­denen Ein­schrän­kungen“, heißt es bei Rhein­metall. Die Bord­stein­lader seien robuster, nahezu unsicht­bar und auch kosten­günstiger. Werden die liegen­den Lade­säulen von den Auto­fahrer*innen auch akzep­tiert? Das will das Unter­nehmen mit Unter­stützung Stadt Köln und dem rhein­ländischen Lade­netz­betreiber TankE jetzt an zwei Pilot­standorten im Stadt­gebiet heraus­finden.

Dortmund ist Vorreiter bei Laternenladern

Das E-Auto an der Straße­nlaterne laden? Die Stadt Dortmund macht’s möglich. Seit 2019 wurden in der Ruhr­gebiets­metro­pole 320 grüne Laternen­lader installiert, um die gesund­heits­gefähr­denden Stickoxid(NOX)-Emissionen durch Benzin- und Diesel­fahrzeuge besser in den Griff zu bekommen. Die Lade­laternen finden sich in Quar­tieren mit vorwie­gend Mehr­familien­häusern, wo die wenigsten Fahr­zeug­halter*innen einen festen Stell­platz haben. Die TU Dortmund und die Bergische Univer­sität Wupper­tal begleiten das Projekt namens „NOX-Block“, das mit Mitteln des Sofort­programms „Saubere Luft“ der Bundes­regierung gefördert wurde. Sie unter­suchen die Aus­wirkungen auf die Stick­oxid-Emissionen, aber auch auf das lokale Strom­netz. Dort­mund ist Vor­reiter bei den Laternen­ladern, aber inzwischen laufen auch in Essen, Gelsen­kirchen und Bochum erste Pilot­projekte.

Bildquellen:

AdobeStock_252217635

AdobeStock_161492682

AdobeStock_158344073

Copyright_deutscher_zukunftspreis_ansgar_pudenz_DSC3170

Copyright_deutscher_zukunftspreis_ansgar_pudenz__DSC3833

Copyright­_Numbat_Eingang_Sonthofen

pyright_Rheinmetall-Ladebordstein6

Copyright_ubitricity_Heinz_Laternenladepunkt_Berlin_3

 

 

 

Mehr in dieser Kategorie

Wärmewende: Wie heizen wir morgen?

Gas, Pellets, Wärmepumpe: Beim Heizungswechsel besser nichts überstürzen

Jetzt lesen