Wärmewende in Deutschland: Was ist geplant und was nicht?
Übrigens: Von einem „Verbot” für fossile Heizungen ab 2024 war seitens der Bundesregierung nie die Rede. Solange Ihre Gasheizung noch funktionstüchtig ist, darf sie weiter ihren Dienst tun. Und defekte Geräte können repariert werden. Erst Ende 2044 soll die Wärmewende komplett umgesetzt sein – so steht es im Bundes-Klimaschutzgesetz. Dann dürfen Sie zum Heizen gar keine fossilen Energien mehr einsetzen.
In Panik geraten muss derzeit niemand wegen der Wärmewende. Wenn das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) tatsächlich wie geplant am 1. Januar 2024 in Kraft tritt, hätten Hauseigentümer und Hauseigentümerinnen noch einige Jahre Zeit, um sich auf die Neuerungen einzustellen. Denn von Neubaugebieten abgesehen, bliebe vorerst alles beim Alten.
Zunächst müssten die Kommunen ein Konzept für eine klimafreundliche Wärmeplanung vorlegen. Dafür wäre in Großstädten Zeit bis Ende 2025, sonst sogar bis Ende 2027. Erst danach würde auch im Gebäudebestand die Pflicht gelten, dass neue Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Diese könnte dann zum Beispiel mit Ökostrom plus Wärmepumpe, Pellets, Hybridsystem und, theoretisch, auch mit Biogas oder Wasserstoff erfüllt werden.
Was versteht man unter Wärmewende?
Die Bezeichnung Wärmewende steht für die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis zum Jahr 2045. Aktuell sind in Gebäuden und in der Industrie noch mehrheitlich fossile Brennstoffe wie Kohle, Heizöl und Erdgas bei der Erzeugung von Wärmeenergie im Einsatz. Etwa 40 Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland entstehen im sogenannten Wärmemarkt. Das Treibhausgas wird beim Beheizen und Klimatisieren von Gebäuden, bei der Warmwasserbereitung, aber auch bei der Erzeugung von Prozesswärme und Kälte in Gewerbe und Industrie ausgestoßen. Die Wärmewende macht zusammen mit der Strom- und Mobilitätswende die deutsche Energiewende aus.
Heizungstausch nicht überstürzen
Die Verbraucherzentrale rät Hausbesitzern jetzt erst mal dazu, „einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht zu vorschnellen Entscheidungen hinreißen zu lassen“, was den Heizungswechsel angeht. Aktionismus verursacht nur unnötige Kosten. Angesichts der Vielzahl von Herausforderungen für Modernisierungswillige – wie Inflation, gestiegene Bauzinsen, Handwerkermangel und der schwer durchschaubaren Fördersituation – sollte ein Profi-Energieberater die erste Anlaufstelle sein. Er kann den energetischen Zustand der Immobilie ermitteln und einen Sanierungsfahrplan erstellen, damit sich die Investitionen möglichst zeitnah amortisieren. Er ist auch Experte für Fördermöglichkeiten, prüft die Voraussetzungen für einzelne Maßnahmen und übernimmt auf Wunsch die Antragsstellung.
Lohnt sich immer noch: Alte Gasheizung sanieren
Maßnahmen wie die Dach- und Fassadendämmung sind sehr effektiv, amortisieren sich aber erst nach 15 bis 20 Jahren. Das bessere Kosten-Nutzen-Verhältnis haben Sie, wenn Sie Ihre alte Heizung auf den Stand der Technik bringen lassen. Gibt es in Ihrer Stadt noch keine Wärmeplanung, sollen Sie nach dem neuen Gebäudeenergiegesetz auch ab 2024 noch eine neue Gasheizung einbauen dürfen, die dann lediglich bereit für den Betrieb mit Wasserstoff („H2-ready“) sein muss.
Der Vorteil: Die notwendige Infrastruktur ist schon vorhanden, und Sie erhalten eine Technologie, mit der Sie bereits vertraut sind. Auch die Umrüstung von Öl- auf Gas ist vergleichsweise günstig, sofern bereits ein Gasanschluss in der Straße liegt. Das senkt die CO2- und Feinstaub-Emissionen und schafft Platz im Keller.
Verglichen mit dem Umstieg auf eine Pelletheizung oder Wärmepumpe liegen die Investitionskosten für die Erneuerung Ihrer Gas-Heizung deutlich niedriger. Und nach der Amortisationszeit von zehn bis 15 Jahren können Sie immer noch in eine Wärmepumpe investieren – oder sich an ein dann vorhandenes Wärmenetz anschließen lassen. Der Vorteil: Dann müssen nicht Sie für die Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien sorgen, sondern die Betreiber der Wärmenetze.
Noch kaum Erneuerbare Energien im Wärmesektor
Die Grafik zeigt: Die Wärmewende in Deutschland kommt nur schleppend voran. Erst knapp 18 % der in Deutschland verbrauchten Wärme kamen 2022 aus erneuerbaren Quellen. Zum Vergleich: Beim Strom lag der Anteil der regenerativen Energien im gleichen Jahr bereits bei 46 %. Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, muss die Wärmewende also Fahrt aufnehmen. 2030 will die Bundesregierung bereits die Hälfte des Wärmeverbrauchs mit erneuerbaren Energien decken. Dazu sollen Heizungen langsam, aber stetig von fossilen Primärenergieträgern wie Kohle, Heizöl und Erdgas auf erneuerbare Energien umgestellt werden, also: Bioenergie, Geothermie, Umweltwärme (Wärmepumpe) und Solarthermie. Der Volksmund spricht dann von „erneuerbarer Wärme.“
Wärmewende im Neubau …
Führend bei der erneuerbaren Wärme in Deutschland sind die Bioenergien, allen voran Pellets und Holzhackschnitzel. Doch Wärmepumpen holen auf – vor allem im Neubau: Mehr als die Hälfte aller 2022 zum Bau genehmigten Wohnungen werden mit Umweltwärme, zumeist aus der Außenluft oder dem Erdreich, beheizt. Einer der Gründe für ihre Beliebtheit im Neubau dürfte sein, dass Wärmepumpen zur Erreichung einer Effizienzhaus-Stufe beitragen, für die es weiterhin Zuschüsse aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gibt. In gut gedämmten Neubauten mit großflächigen Fußbodenheizungen und geringen Heizlasten gelten Wärmepumpen jedoch zurecht als das System der Wahl. Während ein moderner Gaskessel aus einer Kilowattstunde (kWh) Gas etwa 0,9 Kilowattstunden Wärme macht, erzeugt die Wärmepumpe aus einer kWh Betriebsstrom die drei- bis vierfache Menge an Wärme.
… versus Bestand: größte Klimabaustelle
Auch das gehört zur Realität: In bestehenden Gebäuden spielt erneuerbare Wärme noch fast keine Rolle. In gut drei Viertel (74,3 %) aller Bestandswohnungen sorgten 2021 Erdgas und Heizöl für Raumwärme und Warmwasser. Das eigentliche Problem dabei: Im Schnitt jede vierte Heizung ist schon 25 Jahre und älter und stößt damit besonders viel CO2 aus. Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der Häuser in Deutschland Lichtjahre von heutigen Standards entfernt ist. Hier liegt buchstäblich die größte Klimabaustelle einer jeden Bundesregierung, denn fast 20 % aller jährlichen Treibhausgasemissionen entstehen durch das Heizen von Gebäuden. Ohne die Wärmewende zu Hause, ist Klimaneutralität bis 2045 nicht zu erreichen.
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