Unternehmer und Macher: Joachim Raguse
Das Ende des ersten kurzen Telefonats mit Joachim Raguse an einem Freitagnachmittag klingt ungefähr so: “Gut, dann führen wir das Interview am Montag, ich muss jetzt noch FFP2-Masken ausliefern.” Dieses Gespräch steht vermutlich stellvertretend für viele ähnliche Situationen, die man als Hersteller von Schutzmasken momentan erlebt.
Auf die Frage, wie sehr er seit Beginn der Corona-Pandemie mit seinem Betrieb rotiert, gemessen auf einer Skala von eins bis zehn, antwortet Joachim Raguse: “Uff. Schon am oberen Rand, so 9 ⅜. Aber das hält jung!” Ein bisschen mehr Ruhe wäre dennoch nicht schlecht, fügt er hinzu. Mit seinen 71 Jahren könnte er eigentlich schon die Füße hochlegen, doch auf die Frage, wann er in Rente geht, muss er erst einmal an seinem Kaffee nippen. Er erklärt, dass er eigentlich mit 55 Jahren in Teilzeitrente gehen wollte und zu diesem Zweck einen Mitgeschäftsführer ins Boot geholt hat. “Ich wollte nur noch die Sachen machen, die mir Spaß machen. Da habe ich mich gefühlt wie ein Rentner”, lacht er. Mit der Übernahme von KL medical 2015 hat er dann noch einmal die Ärmel hochgekrempelt. Allerspätestens mit 75 soll aber Schluss sein. Dann bleibt auch vielleicht mehr Zeit für eins seiner Hobbys: Reiten.
Joachim Raguse sieht sich selbst als Macher, beruflich wie privat. Nicht nur im Freundeskreis organisiert er Fahrradtouren oder plant einen Schottland-Trip, sondern auch beruflich sieht er gern, dass sich etwas bewegt. Wir haben ihn gefragt, wie sich sein Unternehmen vor und nach Corona entwickelt hat und haben ihn einen kurzen Blick in die Zukunft werfen lassen, was die Pandemie für uns als Gesellschaft bedeuten könnte.
Raguse: Ein Name auf dem Markt für Medizinprodukte
Joachim Raguse ist seit 1972 in der Medizinbranche tätig und mit KL medical aktuell einer der führenden Anbieter für medizinische Masken, die nicht aus China stammen. Vom heutigen Standpunkt aus kann man ihn als einen Pionier des deutschen Markts für OP-Einwegprodukte sehen. 1980 gründete er sein erstes Unternehmen “Raguse Gesellschaft für medizinische Produkte mbH” mit Sitz in Ascheberg-Herbern, um medizinische Einmalprodukte für den OP-Bereich wie Abdecksysteme, Mäntel und ganze Sets herzustellen. Raguse berichtet, wie er schnell bemerkte, dass es am effektivsten ist, Nischenpolitik zu betreiben, wenn es darum geht, sich als kleines Unternehmen auf dem Markt gegen die ganz Großen zu behaupten. Nicht nur einfach Produkte zu verkaufen, sondern Problemlösungen zu bieten und damit eine ganz bestimmte Zielgruppe zu bedienen war und ist hier seine Strategie.
KL medical: Es begann mit Einmalwaschhandschuhen
2015 verkaufte er die “Raguse Gesellschaft für medizinische Produkte mbH an ein börsennotiertes Unternehmen, aus dem er drei Jahre später ausschied, und erbte von einem engen Bekannten KL medical. Das kleine Unternehmen war damals auf Einmalwaschhandschuhe spezialisiert. Später kamen trockene Vliesstoffrollen zur Flächendesinfektion hinzu. Seit 2019 ist der Betrieb in Ascheberg-Herbern für die Herstellung von Medizinprodukten zertifiziert. Heute zählt KL medical 30 Mitarbeiter*innen, die Raguse schon viele Jahre begleiten. Seine treuen Mitarbeiter*innen liegen ihm am Herzen, Menschlichkeit und persönlicher Austausch haben für ihn einen hohen Stellenwert im Unternehmen.
KL medical und Corona: Hochkonjunktur für Masken und Schutzkittel
Nachdem das Unternehmen unter Raguses Führung seit 2015 OP-Komplettsets herstellt und weiterentwickelt, hat sich 2020 der Schwerpunkt der Produktpalette ein wenig verlagert. Durch Corona zählen medizinische Schutzmasken nun zu den gefragtesten Artikeln überhaupt. Nicht nur im medizinischen Bereich trägt man sie – wir alle benötigen sie mittlerweile im Alltag, denn OP- oder FFP2-Masken sind beim Einkaufen oder im ÖPNV Pflicht. Für KL medical bedeutete das einen starken Beschäftigungsanstieg am Produktionsstandort Ascheberg durch die Umstellung auf Maskenprodukte.
Und das Unternehmen wächst weiter: Ein zusätzlicher Produktionsstandort in Sachsen ermöglicht die Produktion unter Reinraumbedingungen. Entwickelt und getüftelt wird jedoch weiterhin in Ascheberg-Herbern, hier findet die Entwicklung neuer, innovativer Produkte statt. Raguse war es immer schon wichtig, über den Tellerrand zu blicken und durchdachte Produkte zu entwickeln, die dem Pflegepersonal und auch den Patient*innen die Arbeit erleichtern, wie zum Beispiel spezielle weiche Drainageschläuche.
Die Innovation: virenabtötende Schutzmasken und Kittel
Aktuell arbeitet KL medical an einer Innovation, die aufhorchen lässt: dem virenabtötenden Mundschutz. Zudem entwickelt das Unternehmen antivirale Schutzkittel sowie Overalls, letztere in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Auch wenn die Nachfrage extrem angestiegen ist, reagiert Raguse auf die Frage, wie sich das Label “made in germany” bei Schutzmasken & Co. auswirkt, ein wenig verschnupft: “Ich würde mir da schon etwas mehr Druck durch die Regierung wünschen, was den Umgang mit Produkten aus Europa im Gegensatz zu billigeren Produkten aus Asien angeht.” Raguse hatte bereits den Bundestagsabgeordneten Marc Henrichmann in seinem Betrieb in Herbern zu Besuch. Bei dieser Zusammenkunft regte Raguse an, bei Ausschreibungen des Bundes beispielsweise eine bestimmte Anzahl an Produkten aus Deutschland oder zumindest “made in europe” vorzuschreiben.
“made in europe” ist nicht immer einfach
Alle Rohstoffe aus Deutschland zu beziehen, sei nicht immer möglich, aber immerhin aus Europa. Es sei für kleinere Unternehmen hierzulande schwer, sich gegen Billigprodukte aus China durchzusetzen, die auch noch subventioniert werden. Zusätzlich zum Standort in Ascheberg kooperiert das Unternehmen daher mit Produktionsstätten in Rumänien und Bulgarien. Die Standorte arbeiten Hand in Hand, um Qualität “made in europe” zu gewährleisten. Die stark gestiegene Nachfrage nach Massenware wie Schutzmasken und Kitteln führte nun dazu, dass KL medical seit Herbst 2020 teilweise Produkte aus einer Produktionsstätte in Indien bezieht. “Momentan produzieren wir rund 150.000 Schutzkittel pro Woche, neben unserer Standardproduktion”, berichtet Raguse. Er zieht einen bildhaften Vergleich zum Fleischkonsum: “Viele wollen immer gute Qualität, aber am Ende zählt dann doch der Preis.”
Unsere Zukunft mit Corona
Was glaubt Joachim Raguse, wie die Entwicklung in Hinblick auf Corona aussehen wird? Er betont, dass er zwar kein Virologe sei und wir insgesamt zu wenig Erfahrung mit Pandemien dieser Art hätten, aber das Virus werde uns seiner Meinung nach die nächsten Jahre noch begleiten. Unser Leben wird sich laut Raguses persönlicher Einschätzung durch Corona längerfristig verändern: Wir werden weniger durch die Welt reisen und nicht mehr ganz so unbekümmert unserem Leben nachgehen, wie es vorher möglich war. Er betont jedoch auch, wie gut und wichtig es sei, dass der Impfstoff so schnell entwickelt wurde. Zusätzlich betrifft ihn Corona auch persönlich, denn ihm liegt der persönliche Kontakt im Arbeitsleben stets am Herzen.
Geschäfte von Mensch zu Mensch – auch mit Erenja
Eine letzte Frage darf natürlich nicht fehlen: Wieso hat Herr Raguse sich für Erenja als Energieversorger entschieden? Mehrere Stromverträge für verschiedene Immobilien laufen auf Raguses Namen. Er hat unter anderem eine Gruppe für pflegebedürftige Menschen aufgebaut, ein weiteres Bauprojekt soll im Sommer 2021 fertiggestellt werden. Bei der Stromversorgung nahm er einen “Rundumschlag” vor und entschied sich für einen Anbieter, bei dem er auf seine zuständige Mitarbeiterin zählen kann. “Frau Grauer ist flexibel und kümmert sich. Ich bin ja auch immer noch ein Mensch und Geschäfte werden von Mensch zu Mensch gemacht”, findet er.
Bildquelle:
Joachim Raguse - KL medical
GELSENWASSER AG