Schwimmendes LNG Terminal statt Pipeline?

LNG bedeutet Liquefied Natural Gas – also verflüssigtes Erdgas – und besteht zu rund 98 Prozent aus Methan. Nicht zu verwechseln mit LPG (Liquefied Petroleum Gas oder Autogas), das sich haupt­sächlich aus Butan oder Propan zusammensetzt.

Mehr als eiskalt ist das LNG, wenn es in riesigen Tank­schiffen aus den USA, Katar oder Nord­afrika in Europa anlandet. Erst unter minus 162 °C wird Erdgas flüssig. Beim Kühlen verringert sich sein Volumen um den Faktor 600. Über den Daumen gepeilt: Der flüssige Inhalt von einem Dutzend 50-Liter Bier­fässern schrumpft so auf den eines Milch­kartons.

Gigantische Erdgas-Mengen gehen auf Weltreise

LNG-Tank

Die spezialisierten LNG-Tanker transportieren ihre Fracht in kugel­förmigen Tanks. Im Schnitt können sie um die 120.000 bis 145.000 Kubik­meter flüssiges Erdgas laden; in Zukunft plant man eher mit 250.000 Kubik­meter. Da reicht eine Lieferung aus, um eine Groß­stadt mit allen Haus­halten, Gewerbe und Industrie bis zu ein Jahr lang mit Energie zu versorgen. Am Bestimmungs­ort wird das Gas erwärmt und in seinen ursprünglichen Aggregat­zustand zurück­versetzt, sprich: regasifiziert, und in das Erdgas-Fern­leitungs­netz eingespeist. Das Verflüssigen, der Transport und die Regasifizierung kosten allerdings Energie – und damit Geld. Schon vor dem Krieg in der Ukraine und dem russischen Gas­liefer­stopp war LNG um etwa ein Drittel teurer als Pipeline-Gas.

Erstes schwimmendes LNG Terminal im Eiltempo gebaut

Derzeit gibt es in Großbritannien, im Nord­westen Europas sowie an den Küsten im Mittel­meer LNG-Terminals. Unsere Nach­barn, die Nieder­lande, Belgien, Frank­reich und Polen, verfügen eben­falls über Import­terminals.  Deutsch­land setzt beim Ausbau seiner LNG-Infra­struktur vorüber­gehend auf gecharterte schwimmende Terminals – sogenannte „Floating Storage and Regasification Units“ (FSRU). Das sind spezielle Schiffe, die das Flüssig­erdgas der LNG-Tanker sowohl speichern als auch regasifizieren können. Ihr größter Vorzug aber ist das Tempo, mit dem sie Flüssig­erdgas für den hiesigen Markt verfügbar machen. Der erste Anleger für LNG in Wilhelms­haven wurde in weniger als 200 Tagen fertig­gestellt und war im Dezember 2022 betriebs­bereit. Hier wird das gecharterte Terminal­schiff „Höegh Esperanza“ als Floating Unit genutzt. Über eine Pipeline liefert es täglich etwa 15 bis 155 Gigawatt­stunden Erdgas an den Gasspeicher Etzel.

Wie viele LNG Terminals hat Deutschland?

Schwimmendes LNG-Terminal

In Zukunft plant die Bundes­regierung mit drei festen LNG-Terminals in Wilhelms­haven, Stade (beide Nieder­sachsen) und Bruns­büttel (Schleswig-Holstein). Diese zu bauen dauert aller­dings ein paar Jahre, sodass diese Anlagen frühestens 2025 in Betrieb gehen können. Für den Über­gang sollen sechs schwimmende Terminals (Floating Units) genutzt werden, fünf staatliche und ein privat­wirtschaftliches. In Wilhelms­haven, Lubmin (Mecklen­burg-Vor­pommern) und Bruns­büttel sind bereits jeweils ein LNG-Terminal im Regelbetrieb. Die restlichen sollen bereits Ende 2023 in Betrieb genommen werden: Jeweils ein zuätzliches in Wil­helms|haven und Lubmin sowie das erste Floating Unit in Stade. Dann soll bis zu einem Drittel des bisherigen Gas­bedarfs über schwimmende LNG-Terminals gedeckt werden.

Pipelines und Erdgasspeicher weiterhin wichtig

Trotz vielfältiger Möglichkeiten, LNG zu importieren, wird Pipeline­gas auch in Zukunft ein wichtiger Bau­stein der deutschen Gas­versorgung bleiben. Statt aus Russ­land importiert die Gas­industrie heute vermehrt Erdgas über Rohr­leitungen aus Nor­wegen, den Nieder­landen und Belgien. Ein kleinerer Teil stammt zudem aus deutschen Gas­quellen. Wegen dieser Importe und der großen Spar­anstrengungen der Haus­halte und Unter­nehmen waren die deutschen Gas­speicher trotz des russischen Liefer­stopps schon im November 2022 komplett gefüllt. Mitte Februar wurden immer noch Füll­stände von 71 Prozent gemessen. Mit rund 24 Milliarden Kubik­metern Erdgas in 47 Unter­tage­speichern hat Deutsch­land die größten Lager­kapazitäten in Europa. Diese Reserven sind essenziell für die Gas­versorgung im Winter, weil sie die Nach­frage­spitzen in Kälte­phasen aus­gleichen. Mit Gas aus den neuen LNG-Terminals wird die Versorgungs­sicherheit nochmals besser.

LNG hilft, Erdgasbezug breiter zu streuen

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Energieversorgung auf möglichst breite Füße zu stellen und sich nicht von einzelnen Lieferländern abhängig zu machen. Die LNG-Nutzung ist eine – wenn auch verhältnismäßig teure – Möglichkeit, mit mehr Lieferanten in verschiedenen Ländern zusammenzuarbeiten und so die Risiken für die Gasversorgung zu streuen.

Haben LNG-Terminals eine grüne Zukunft?

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die LNG-Terminals, die später auf dem Fest­land gebaut werden, bereits „green gas ready“ sein. Bedeutet: Statt fossilem Erdgas könnten an deutschen Küsten bald auch grüner Wasser­stoff und andere erneuerbaren Gase anlanden. Dazu wären allerdings teils erhebliche technische Anpassungen nötig, wie das Fraun­hofer-Institut für System- und Innovations­forschung in einer Studie fest­gestellt hat. Die Umrüstung von Teilen der LNG-Terminals sei machbar, aber nur, wenn diese schon bei der Planung berücksichtigt würden.

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