Wärmewende durch Geothermie: Was geht in NRW?
Wärmewende durch Geothermie, klingt spannend. Schließlich kann grüner Strom aus Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse nicht für alles die Lösung sein. Warum also nicht die unerschöpfliche Wärmequelle im Innern unserer Erde anzapfen? Wir stellen Ihnen die wichtigsten Möglichkeiten vor und verraten, welche Projekte es in NRW bereits gibt.
Oberflächennahe Geothermie aus dem Garten
Wärmepumpen nutzen heute schon Geothermie, um Gebäude zu beheizen oder zu kühlen. Dabei wird die thermische Energie vor allem aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen. Bei dieser oberflächennahen Geothermie gibt es drei Varianten:
- Erdwärmesonden holen die thermische Energie aus rund 100 Meter Tiefe an die Oberfläche. Ein bis zwei senkrechte Bohrungen reichen für die energetisch effiziente Beheizung eines Einfamilienhauses mittels Wärmepumpe aus.
- Bei ganzjährig konstanten Grundwassertemperaturen in Deutschland zwischen acht und elf Grad kann auch dieses, je nach den hydrogeologischen Voraussetzungen, eine effiziente Wärmequelle sein.
- Eine dritte Variante sind Erdwärmekollektoren, die horizontal in etwa ein bis anderthalb Meter Tiefe in Schlangenlinien im Garten verlegt werden. Die nutzbaren Temperaturen liegen damit im Winter niedriger als bei tiefen Erdwärmesonden, reichen aber aus, um die Wärmepumpe effizient zu betreiben.
Geothermische Energie wird immer häufiger genutzt
Die oberflächennahe Geothermie ist mittlerweile recht verbreitet. Nach Zahlen des Bundesverbands Geothermie waren im Jahr 2022 deutschlandweit rund 470.000 Erd- und Grundwasserwärmepumpen in Wohngebäuden, öffentlichen Einrichtungen und Gewerbebetrieben installiert, 31.000 mehr als im Vorjahr. Der Vorteil bei diesen dezentralen Kleinanlagen: Die Wärmequelle regeneriert sich laufend. Allerdings benötigen Wärmepumpen auch immer einen Anteil an Strom, um die relativ geringe Wärme aus den oberflächennahen Schichten in nutzbare Heizenergie zu verwandeln. Zusätzlichen Schub, um die Wärmewende voranzutreiben, verspricht die mittlere und tiefe Geothermie. Das Fraunhofer Institut hat ein Potenzial von rund 300 Terawattstunden Energie pro Jahr ermittelt, was einem Viertel des gesamten deutschen Wärmebedarfs entspricht.
So funktionieren Geothermie-Kraftwerke im großen Stil
Geothermie: Vor- und Nachteile
Viele kommunale Energieversorgungsunternehmen stehen derzeit vor der gewaltigen Aufgabe, erste Schritte in eine nachhaltige Wärmeversorgung zu gehen und neue Versorgungsstrukturen aufzubauen. Doch das Risiko, dass sie dabei eingehen, ist hoch. Besonders zu Beginn, wenn noch nicht klar ist, ob die millionenschwere Bohrung erfolgreich ist. Trotz gründlicher Voruntersuchungen gibt es keine Garantie, dass jede Bohrung Thermalwasser zutage fördert. Zudem lässt sich nicht vorhersagen, ob sich das gefundene heiße Wasser tatsächlich für Geothermie eignet. Es kann beispielsweise Minerale enthalten, die Rohrleitungen angreifen. Anlieger befürchten zudem Erdbeben durch Geothermie-Bohrungen. Und tatsächlich können durch den Druck, mit dem das Wasser wieder zurück in die Erde gepumpt wird – so wie auch bei der Förderung von Kohle, Erdöl oder Erdgas – Mikro-Erdbeben entstehen. Experten halten die Risiken jedoch für kontrollierbar.
Heizen und Kühlen mit Grubenwärme: Leuchtturmprojekt in Bochum
Ein enormes CO2-Einsparpotenzial liegt nach Einschätzung des Fraunhofer IEG in der Grubenwassernutzung und Wärmespeicherung im „Steinkohlengebirge“ unter dem Ruhrgebiet. Ein solches Geothermie-Projekt hat in Bochum bereits Formen angenommen: MARK 51°7. Rund 25 Gebäude in einem Gewerbegebiet am früheren Opel-Werk sollen künftig mit Wärme und Kälte aus Grubenwasser versorgt werden. Aus einem 810 Meter tiefen Bohrloch auf dem Areal einer stillgelegten Steinkohlenzeche soll das 27 bis 28 Grad warme Wasser hochgepumpt und in ein Wärmenetz geleitet werden. Für die Kälteversorgung kommt Grubenwasser mit 18 Grad aus einer zweiten, 340 Meter tiefen Bohrung. Das Herzstück des Energiekonzepts wird die neue Energiezentrale. In ihr finden Wärmepumpen Platz, die das Grubenwasser je nach Bedarf hoch- oder heruntertemperieren. Wärme- und Kältespeicher werden dort ebenso untergebracht sein. Der Betriebsbeginn ist für 2024 avisiert.
Erdwärme für die Gewächshäuser in der Blumenstadt Straelen
Mit Wärme aus den Tiefen der Erde Gewächs- und Treibhäuser beheizen, das ist die Idee des Projekts „Deep“ in Straelen im Kreis Kleve. Nirgendwo in Deutschland werden mehr Blumen und Gemüse produziert als hier in der Kleinstadt nah der niederländischen Grenze. Allerdings machen der Gartenbauwirtschaft, wie überall am Niederrhein, die steigenden Kosten für die Beheizung der Gewächshäuser zu schaffen. Forschende des Fraunhofer IEG haben jetzt in einer Machbarkeitsstudie untersucht und gerechnet, ob Straelen ein geeigneter Geothermie-Standort sein könnte und ob sich die Erschließung am Ende auch wirtschaftlich rechnet. Die im Mai 2023 vorgestellten Ergebnisse der „Deep“-Studie, die von der GELSENWASSER AG, dem Mutterunternehmen von Erenja, unterstützt wurde, sind vielversprechend. Im benachbarten Venlo werden die ersten Gewächshäuser bereits mit Geothermie über Wärmepumpen beheizt. Jetzt will man auch in Straelen möglichst schnell mit einem Pilotprojekt Erfolge erzielen.
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