Weihnachtsbrauch aus Nordeuropa
Unsere Reise zu Ländern mit besonderen Weihnachtsbräuchen startet in Europa. Was machen unsere Nachbarn an den Feiertagen?
Blicken wir zunächst nach Norden: Dort erwartet uns ein Weihnachtsbrauch aus Norwegen, von dem Sie sicherlich noch nie gehört haben. Vor Heiligabend verstecken die Leute alle Besen im Haus. Noch ehe die Familie in gemütlicher Runde zusammensitzt, darf kein Feger mehr in Sichtweite sein. Der Grund? Hexen und böse Geister klauen gerne Besen, um damit wegzureiten. Da es in Norwegen besonders viele dieser Wesen gibt, ist es umso wichtiger, die Besen gut zu verstecken. Sonst machen sie noch am Weihnachtsabend den Himmel unsicher.
Alte Kartoffeln und Trolle in Island
Noch weiter nördlich geht es nicht weniger mystisch zu. Dort sind besonders in der Weihnachtszeit viele Trolle unterwegs. 13 Tage vor Weihnachten steigen 13 Trolle aus den schneebedeckten Bergen hinter Reykjavik zu den Menschen hinab. Diese kleinen Kerle hinterassen den Kindern kleine Geschenke. Aber Vorsicht: Wenn die Kinder nicht brav waren, legen die Trolle ihnen alte Kartoffeln in die Schuhe. Der Zauber dauert bis zum 6. Januar, dann ziehen sich die Trolle wieder zurück. An Heiligabend ist wie bei uns Bescherung und die Familie beschenkt sich untereinander. Da haben die garstigen Trolle Pause.
Weihnachten in Osteuropa
Bei uns bringt in vielen Familien der Weihnachtsmann oder das Christkind die Geschenke. In Polen ist der Sternenmann mit seinen Helfern, den Sternenjungen, unterwegs, um Groß und Klein eine Freude zu machen.
Unsere Reise führt uns nun weiter nach Polen. Dort wird Essen an Heiligabend ganz groß geschrieben. Traditionell gehören zwölf Gerichte zum polnischen Festessen an Weihnachten dazu. Warum zwölf? Die Anzahl der verschiedenen Gerichte entspricht der Anzahl der Apostel. Auf dem festlich gedeckten Tisch findet man nicht nur Pierogi, die bekannten gefüllten Pasteten, sondern auch Speisen wie Rote-Bete-Suppe, Rollmops und Mohnrolle als Nachtisch. Gegessen wird erst, wenn sich der erste Stern am Himmel zeigt. Dabei steht oft ein Gedeck mehr auf dem Tisch. Zum einen, um den Verstorbenen zu gedenken, die nicht dabei sein können. Zum anderen will man vorbereitet und gastfreundlich sein, falls ein bedürftiger Mensch an die Tür klopft – ähnlich wie Maria und Josef in der Weihnachtsgeschichte. Eine schöne Idee, wie wir finden.
Von Spinnen an Weihnachten in der Ukraine
Begeben wir uns noch ein Stück weiter nach Osten. Unsere nächste Station für kuriose Weihnachtsbräuche liegt in der Ukraine. Dort schmücken die Menschen ihre Weihnachtsbäume traditionell mit Spinnweben. Dahinter steckt die Geschichte einer armen Frau, die sich keinen klassischen Weihnachtsbaumschmuck leisten konnte. Eines Morgens wachte sie auf und sah, dass ihr Tannenbaum mit Spinnweben übersät war und im Sonnenlicht glitzerte. Seitdem dekorieren die Menschen in der Ukraine ihre Weihnachtsbäume mit künstlichen Spinnweben oder auch glitzernden Spinnen. Außerdem gilt es als Glücksbringer, wenn man im Weihnachtsbaum ein echtes Spinnennetz findet.
Auf nach Süden: Weihnachtsbräuche in Italien und Spanien
In Südeuropa gibt es zahlreiche Weihnachtsbräuche, die für uns mitunter amüsant klingen. Italiener treffen am Dreikönigstag auf die Weihnachtshexe – La Befana. Sie ist der Sage nach die Frau vom Weihnachtsmann und ein gutmütiges Wesen. In der Nacht vom 5. auf den 6. Januar fliegt die Hexe auf ihrem Besen umher. Auf dem Rücken trägt sie einen Sack voller Süßigkeiten und Kohle. Die Kohle legt sie den unartigen Kindern in ihre herausgestellten Schuhe. Aber keine Sorge: Sie besteht aus schwarz eingefärbter Zuckermasse. Brav sein lohnt sich aber trotzdem.
Kuriose Weihnachtssitten aus Spanien
In Spanien ist rund um Weihnachten so allerhand los. Das wohl größte Spektakel und Highlight vieler Spanier*innen ist die Weihnachtslotterie. Bei der Lotería de Navidad am 22. Dezember werden die Losnummern gezogen, die zuvor schon im Sommer verkauft worden sind. Ein Los kostet 200 Euro! Es gibt auch kleinere Losanteile, bei denen sich meist ganze Dörfer zu Tippgemeinschaften zusammentun. Der Hauptgewinn “El Gordo” (übersetzt: der Dicke) beträgt rund vier Millionen Euro, es werden aber auch kleinere Preise ausgeschüttet. Die Ziehung erfolgt live im Fernsehen. Traditionell verkünden Kinder singend die gezogenen Zahlen, insgesamt fast vier Stunden lang.
Ein weiterer Brauch aus Spanien, der viele Menschen belustigt, ist der sogenannte Caganer. Besonders in Katalonien trifft man diese Figur in den Weihnachtskrippen: Ein Männchen mit heruntergelassenen Hosen und blankem Hintern, das sich gerade erleichtert – huch! Was zunächst befremdlich wirkt, gilt vielerorts als Glücksbringer. Der Caganer düngt den Boden und sorgt für Fruchtbarkeit. Der Name leitet sich vom lateinischen “cacare” ab, dessen Bedeutung sich wohl leicht erraten lässt.
Und noch eine Tradition aus Katalonien: der Weihnachtsklotz oder auch “Tió de Nadal”. Es ist ein Holzstamm mit aufgemaltem Gesicht, der in der Familie wohnt. Tió wird gut gepflegt, mit einer Decke zugedeckt und von den Kindern mit Obst “gefüttert”. Am sechsten Januar dürfen die Kinder mit einem Stock auf den Klotz klopfen, damit ihm die Geschenke aus dem Hinterteil fallen.
Verrückte Weihnachten weltweit
Wir verlassen Europa und fliegen einmal um den Globus. Erster Halt ist Venezuela. Hier zählt in der Stadt Caracas Rollschuhfahren zu den typischen Weihnachtsbräuchen. Die Menschen fahren an Heiligabend auf Rollschuhen in die Kirche, anstatt zu Fuß dort hinzulaufen. Die Stadt wird sogar extra für Autos gesperrt, damit alle Rollschuhfahrer*innen unversehrt in der Kirche ankommen. Der Ursprung dieser Tradition ist nicht bekannt, aber das Rollschuhlaufen hat sich durchgesetzt.
In Mexiko sind die vorweihnachtlichen Feiern, die sogenannten “Posadas”, ein wichtiger Brauch. Insgesamt neun Tage lang wird die Reise von Maria und Josef vor der Geburt Jesu und ihre Suche nach einer Herberge nachgestellt. Jeder Tag steht für einen Schwangerschaftsmonat von Maria. Viele Kinder treffen sich an den Abenden vor Heiligabend und gehen in der Nachbarschaft von Haus zu Haus. Dort bitten sie symbolisch um eine Bleibe. Traditionsgemäß werden die Kinder an den ersten Häusern weggeschickt, bis sie schließlich jemand aufnimmt. Die meisten Familien treffen sich täglich wechselnd im Haus der Gastgeber, wo Gesang, Spiele und Essen den Abend bestimmen.
Die Weihnachtsgurke: Typisch deutsch?
Angekommen in Nord|amerika treffen wir auf einen Weihnachtsbrauch aus den USA, der eine vermeintliche Verbindung zu Deutschland besitzt – die Weihnachtsgurke. Die “Christmas Pickle” ist aus Glas gegossen und wird wie eine Christbaumkugel in den Baum gehängt. Wegen ihrer grünen Farbe sieht man sie zwischen den Tannenzweigen kaum. Daher ist es ein beliebter Brauch, die Weihnachtsgurke zu suchen und sich über ein zusätzliches Geschenk zu freuen. Woher diese Tradition stammt, ist nicht genau geklärt. In den USA wird die Gurke im Weihnachtsbaum als deutscher Brauch beschrieben, der hierzulande jedoch unbekannt ist.
Zu guter letzt: Weihnachtshochburg Philippinen
Künstliche Winterlandschaften und bunt dekorierte sowie beleuchtete Strände gehören hier zur Weihnachtszeit dazu.
Ein letzter Stopp unserer Reise der Weihnachtsbräuche führt auf die Philippinen: ein wahres Paradies für Weihnachtsfans. Die Weihnachtszeit dort ist die längste der Welt: Anfang November werden alle Schaufenster weihnachtlich geschmückt und bleiben bis zum dritten Sonntag im neuen Jahr bunt dekoriert. Dann wird auf den Philippinen das Santo-Niños-Fest zu Ehren des Jesuskindes gefeiert, ehe die Weihnachtszeit zu Ende geht. Dazwischen läutet zunächst am 16. Dezember der erste Hahnenschrei am Morgen die kirchliche Weihnachtszeit ein. Feuerwerk, kleine Bambuskanonen für die Kinder und Festumzüge machen alle Menschen auf die Frühmesse aufmerksam. Diese “Hahnenschrei-Messe” wird bis zum 24. Dezember jeden Morgen gefeiert. Dass es auf den Philippinen alles andere als winterlich ist, hält die Menschen nicht von ihrer festlichen Stimmung ab.
Mussten Sie auch das eine oder andere Mal schmunzeln? Das Erenja-Team wünscht Ihnen eine gute Zeit.
Frohe Weihnachten!
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