Rebound-Effekt einfach erklärt
Wie kommt es zu diesem Rebound-Effekt? Typisches Beispiel: die Unterhaltungselektronik. Noch bis in die 1990er-Jahre hinein versammelte sich die ganze Familie vor der „Glotze“ im Wohnzimmer, heute gibt es das Internet und mehrere Fernseher im Haus. Weil diese im Stand-by-Modus wenig Strom ziehen, lässt man sie 24/7 eingeschaltet. Und mit dem TV-Gerät läuft auch der Receiver für Sky, Netflix & Co, Tablet und Smartphone liegen sowieso immer griffbereit. Es stimmt zwar: Verglichen mit ihren Vorgängern arbeiten die Fernseher der neuesten Generation effizienter. Doch dafür laufen sie länger und werden immer riesiger: 42 Zoll (107 cm), 55 Zoll (140 cm) und 65 Zoll (165 cm) … Doppelte Bildschirmdiagonale heißt vierfacher Verbrauch, dazu kommen womöglich ein satter Sound und hoher Kontrast.
Bumerang: Unser Verhalten fällt auf uns zurück
Die größten Stromfresser im Haushalt
Wussten Sie’s? Nahezu ein Drittel des Stromverbrauchs daheim gehen auf das Konto von Flachbildfernseher, Soundsystem, Kaffeeautomat, Laptop & Co. Mehr über die größten Stromfresser im Haushalt erfahren Sie hier.
Fazit: Das TV-Gerät zieht nicht das an Strom, was das Produktdatenblatt vorgibt. Denn den realen Verbrauch bestimmen unsere modernen Nutzungsgewohnheiten. Statt zum Beispiel 100 Watt pro Stunde kommen bei dem geschilderten Szenario rasch 200 Watt zusammen. Rebound nennen Experten dieses Phänomen: Das einzelne Gerät arbeitet im Vergleich effizienter, aber es ist größer, läuft länger – und es sind mehr Geräte vorhanden, die noch dazu ausgiebiger genutzt werden. Man erwartet Einsparungen beim Energieverbrauch, erzielt sie in der Realität aber nicht. Die Kosten sinken, aber nicht so stark wie erhofft. Klima und Ressourcen werden geschont, aber nur in bescheidenem Maße. Wissenschaftliche Erhebungen zeigen, dass durch Rebound-Effekte 10 bis 20 Prozent, manchmal sogar 50 Prozent weniger gespart werden.
Krasser Rebound beim Pkw
Was beim Haushalt|strom nur ein paar Euro ausmacht, summiert sich beim eigenen Pkw schnell auf hunderte. Folgendes Beispiel zeigt, warum: Wog der erste Käfer von Volkswagen noch unter 800 Kilo, bringen seine Ur-Enkel heute locker 1,4 Tonnen auf die Waage. Mit 120 Kilowatt leisten sie fünfmal so viel, rasen doppelt so schnell, und fahren weitere Strecken. Das Resultat auch hier: Rebound. Heutige Verbrennungsmotoren arbeiten zwar vergleichsweise effizient, doch unser Verhalten führt dazu, dass wir weniger Kraftstoff sparen als theoretisch möglich. Sogar wer sich ein umweltfreundliches E-Auto zulegt, neigt oft dazu, es häufiger zu benutzen. Das frisst einen Teil der möglichen Einsparungen gleich wieder auf. Wie gewonnen, so zerronnen: Auf 40 bis 70 Prozent schätzt die Klimaschutzorganisation co2online den Rebound-Effekt im Individualverkehr.
Rebound-Effekt: verpasste Chance für mehr Nachhaltigkeit
Zum Heizen werden zwar immer mehr regenerative Energien genutzt – aber die Wohnfläche hat sich vergrößert, die Ansprüche an den Komfort sind gestiegen. Wer durchs gekippte Fenster lüftet, keine programmierbaren Thermostatventile nutzt und es daheim trotzdem immer mollig warm haben möchte, spart erheblich weniger als gedacht. Auf rund 10 bis 30 Prozent schätzt das Umweltbundesamt das brachliegende Sparpotenzial beim Heizen, sprich den Rebound-Effekt.
Zudem bekräftigen Studien: Wer klimafreundlich heizt, glaubt oft, sich an anderer Stelle nicht einschränken zu müssen. Wenn Sie Ihre vier Wände energetisch saniert haben, Ökoenergie beziehen oder Photovoltaik nutzen, dürfen Sie auch mal wieder mit gutem Gefühl in den Flieger steigen. Wirklich? Exakt das ist es, was Experten einen „indirekten Rebound Effekt“ nennen: Eingesparte Kosten und ein geringerer Energieverbrauch setzen Kaufkraft frei, die etwa für eine Flugreise oder sonstige Konsumgüter eingesetzt wird. Der Kauf eines energieeffizienten Geräts regt den Konsum und die Nachfrage an anderer Stelle an. Ökonomen sprechen mitunter auch von einem „systemischen Rebound Effekt“: Produkte wie Flach|<bildfernseher sind immer günstiger herstellbar und werden deshalb öfter gekauft; Straßen bekommen neue Spuren und ziehen mehr Verkehr an; verglichen mit Venedig oder Mallorca kostet eine Fernreise nicht mehr die Welt … Das Rebound-Phänomen hat noch mehr Facetten: Wenn Energie sparsamer genutzt wird, senkt das den Preis, zu dem sie angeboten wird. Das lässt die Gesamtnachfrage wieder steigen.
Seinen CO2-Fußabdruck zu kennen, ist sinnvoll
Forschungen zeigen, aber auch die eigene Erfahrung lehrt: Wer seine Energieverbräuche kennt oder schon mal den eigenen CO2-Fußabdruck berechnet hat, also bereits für Energie- und Umweltthemen sensibilisiert ist, der konsumiert bewusster und zurückhaltender. Ein grüner Lebensstil heißt auch, sich nicht so sehr über Konsumgüter und einen möglichst großen Ressourcenverbrauch zu definieren. Das fängt bei Reisen und Mobilität an und geht bis hin zu Wohnen und Ernährung.
Grüner Lifestyle hebt Rebound-Effekt nicht auf
Die CO2-Emissionen für Ihren Langstreckenflug nach New York oder den Skandinavien-Urlaub mit dem Wohnmobil können Sie freiwillig ausgleichen, entstanden sind sie trotzdem. Ihre Solaranlage erzeugt klimafreundliche Energie, aber muss der finanziell lukrative Selbstverbrauch deswegen automatisch steigen? Ihr neuer Wintergarten wird viel genutzt, aber die versiegelten Flächen und die „graue“ Energie zur Herstellung der Baustoffe bringt auch Ihr Ökostromvertrag nicht wieder zurück. Der europäische Emissionsrechte-Handel ebenso wie die freiwillige CO2-Kompensation sind sinnvolle Mechanismen und Instrumente, die ein klimafreundlicheres Verhalten fördern sollen. Den Rebound können sie verringern, komplett verhindern aber wohl kaum.
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