Extremwetterereignisse: Wenn das Wasser aus dem Kanal drückt
Ein unterschätztes Problem bei Starkregen: die Abwasserleitungen von Gebäuden, die mit der öffentlichen Kanalisation verbunden sind. Läuft der Kanal voll, steigt das Abwasser in den Schächten bis auf Straßenoberkante – Rückstauebene genannt – an und drückt in die angeschlossenen Hausabflussleitungen innerhalb der Gebäude zurück. Tief gelegene Räume können dann, sofern es keine Rückstausicherung gibt, bis auf Höhe der Rückstauebene überflutet werden.
Elementarschäden: Hausrat-Versicherung haftet nicht immer
Das Abwasser tritt zum Beispiel aus der Waschmaschine, dem Handwaschbecken oder sogar der Toilette aus. Die Folgen sind nicht nur unappetitlich, sondern können auch teuer werden. Nach Überflutungen seien häufig auch Heizungen defekt, erklärt Guido Steinert, Experte für Entwässerung bei der GELSENWASSER AG. Zudem bestehe bei Extremwetterereignissen die Gefahr, dass Oberflächenwasser von außen eindringt, etwa wenn ein Kellerabgang unter der Straßenoberkante liegt, und den Gebäudeteil überflutet. Die Schäden sind kaum zu beziffern. „Jeder Eigentümer sollte Vorkehrungen gegen Rückstau und Überflutung treffen – sonst haften unter Umständen die Gebäude- und Hausratversicherung nicht für Schäden“, sagt Guido Steinert.
Wie schütze ich mein Haus vor Rückstau bei Starkregen?
Abwasserhebeanlagen und Rückstauverschlüsse verhindern, dass Wasser aus dem Kanal ins Haus eindringt. Sie beugen Schäden vor, die binnen weniger Minuten eintreten können. „Dieser Schutz ist gar nicht so teuer. Wer sich nicht sicher ist, ob er ihn hat, sollte einen Installateur nachschauen lassen“, rät der Fachmann.
Hebeanlagen pumpen Abwasser über die sogenannte Rückstauebene in den Kanal. Selbst wenn dieser höher als die Kellersohle liegt, würde das aus dem Kanal zurückfließende Abwasser durch das Rückschlagventil der Hebeanlage zuverlässig gestoppt. Sie können einen solchen Schutz auch nachträglich einbauen lassen.
Günstiger als Hebeanlagen sind Rückstauklappen. Hier fließt das Wasser wie gewohnt im freien Gefälle ab – bei einem Rückstau in der öffentlichen Kanalisation wird jedoch die Rohrleitung durch Klappen verschlossen. Diese werden in der Regel im Keller vor der Wanddurchführung der Grundleitung zum öffentlichen Kanalnetz angeordnet und gehören damit zur erforderlichen Hausinstallation. Es gibt auch kleinere Rückstauverschlüsse, zum Beispiel für Kellerwaschbecken im Siphon, die nachgerüstet werden können.
Bauliche Maßnahmen gegen Überflutung von Anfang an einplanen
Vermeiden Sie, dass oberirdisch abfließendes Wasser über tiefliegende Hauseingänge, Kellergeschosse, Souterrainwohnungen, Garagenzufahrten, Fenster oder Lichtschächte eindringt. Bei Neubauten sollte Schutz vor Überflutung schon bei der Planung berücksichtigt werden. Bei Bestandsbauten kann nachgebessert werden, zum Beispiel mit einem Gefälle im Eingangsbereich, ummauerten Kellerlichtschächten, drucksicheren Kellerfenstern und Eingangstüren, Bodenschwellen an der Einfahrt in die Tiefgarage und Barriere-Systemen. Wenn alle Schwachstellen am Haus bekannt sind, können Sie entscheiden, welche Vorkehrungen einzeln oder auch in Kombination sinnvoll sind.
Sind Sie vor den Folgen von Starkregen geschützt? Zeit für unsere 5 Check-Points!
Sintflutartige Regenfälle und heftige Gewitter: Durch die Erderwärmung haben außerordentliche Wetterereignisse auch in unseren gemäßigten Breiten spürbar zugenommen. Wenn Sie an diese Checkliste 5 Häkchen setzen können, sind Sie gut vor den größten Risiken geschützt.
Beachten Sie Extremwetter-Warnungen
Extreme Unwetter kommen nicht unangekündigt. Heutige Wetterprognosen können ziemlich genau vorhersagen, welche Ortslagen besonders gefährdet sind. Nehmen Sie diese Prognosen niemals auf die leichte Schulter!
Tipp: Laden Sie sich die kostenlose Warn-App „NINA“ des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe aufs Smartphone. Sie hat die Warnungen des Deutschen Wetterdienstes und der Hochwasserinformationsstellen der Bundesländer integriert.
Sichern Sie sich gegen Elementarschäden ab
Eine "normale" Wohngebäudeversicherung deckt lediglich Schäden durch Sturm, Hagel, Leitungswasser und Feuer. Bei Überschwemmung durch Starkregen und Flusshochwasser benötigen Sie eine Elementarschadenpolice – und selbst dann zahlt die Versicherung oft nur, wenn eine funktionierende Rückstausicherung vorhanden war.
Eine Elementarschadenversicherung kann in Kombination mit der Hausrat- oder der Wohngebäudeversicherung abgeschlossen werden. Für Hausbesitzer*innen empfiehlt sich beides. Mieter*innen in den unteren Geschossen brauchen eventuell einem Zusatz zur Hausratversicherung, damit Möbel, Teppiche oder Haushaltsgegenstände ersetzt werden.
Sichern Sie Schwachstellen ab
Eine Extremwetterfront ist im Anmarsch? Gut, wenn Sie bereits mit ein paar gefüllten Sandsäcken, einer regendichten Abdeckung für den Lichtschacht, eventuell auch mit einer mobilen Spundwand für Tor, Eingang oder Tiefgarage vorgesorgt haben. Diese kurzfristigen Maßnahmen können helfen, das Schlimmste zu verhindern. Um einen hohen Schutz zu erreichen, sollten Sie aber über die schon genannten baulichen Maßnahmen nachdenken.
Erhalten Sie versickerungsfähige Flächen
Der Schottergarten mit Folie darunter oder die gepflasterte Parkfläche: Durch immer mehr Versiegelung kann das Regenwasser nicht mehr versickern und fließt in die Kanäle. Ein naturnaher Vorgarten oder eine Einfahrt mit Rasengittersteinen helfen, die Versiegelung aufzubrechen. Am besten fragen Sie auch Ihre Nachbarn, bei der Entsiegelung mitzumachen.
Lassen Sie die Rückstausicherung Ihres Hauses prüfen
Abwasserhebeanlagen und Rückstauverschlüsse müssen regelmäßig geprüft und gewartet werden, andernfalls riskieren Grundstückseigentümer*innen bei Schäden ihren Versicherungsschutz.
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GELSENWASSER AG und Erenja AG & Co. KG
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