Strom selbst erzeugen:
Bald weniger Bürokratie bei Solarenergie

Strom selbst erzeugen, das wollen viele – und scheitern nicht selten an den zahl­reichen büro­kratischen Hürden. Doch die will die Bundes­regierung mit dem Solar­paket 1 jetzt besei­tigen. Das Gesetz, das schon am 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, macht es Mietern und Eigen­tümern deutlich leichter, Photo­voltaik (PV) am Balkon beziehungs­weise auf dem Haus­dach zu instal­lieren. Lesen Sie jetzt, was drinsteht.

Balkonsolar: Stromzähler dürfen rückwärtslaufen

Ab 2024 dürfen Balkon­kraft­werke etwas mehr Strom erzeugen: Bis zu einer maxi­malen Ein­speise­leistung von zwei Kilo­watt (kW) gilt eine verein­fachte Anmel­dung – bis­lang lag diese Ober­grenze schon bei 600 Watt. Die Mini-Anlagen sollen zudem mit einem normalen Schuko-Stecker aus­kommen. Hierzu muss jedoch noch eine Norm mit den Verbänden erar­beitet werden, so das Bundes­wirtschafts­ministerium.

Balkonkraftwerk

Ob im Eigen­tum oder in der Miet­wohnung: Falls auch Sie darüber nachdenken, sich ein Balkon­kraftwerk zuzu­legen, müssen Sie dafür künftig weniger Papier­kram erledigen. Ab dem kommenden Jahr entfällt die vorherige Anmel­dung beim Netz­betreiber und auch die Eintragung im soge­nannten „Markt­stamm­daten­register“ soll sich auf wenige, einfach einzu­gebende Daten beschränken.

Künftig darf die Instal­lation einer Balkon-PV-Anlage auch nicht mehr daran scheitern, dass ein digitaler Zwei­richtungs­zähler, – eine Kombination aus Ein­speise- und Bezugs­zähler –, eingebaut werden muss. Für den Über­gang können die Mini-Solar­anlagen zunächst über den alten schwarzen Ferraris-Zähler weiter­laufen. Das Räd­chen dreht sich dann einfach rück­wärts, sobald mehr Sonnen­strom erzeugt wird, als Ihr Haus­halt verbraucht. Dadurch sinkt die Strom­rechnung und die Anschaffung amor­tisiert sich schneller.

Solarenergie boomt

Allein im ersten Halb­jahr 2023 wurden in Deutsch­land fast 6.000 Mega­watt Photo­voltaik­leistung installiert – das ist so viel wie jeweils insge­samt in den bis­herigen Rekord­jahren 2010 bis 2012. Mit dem Solar­paket 1 will der Bund nun das Ausbau­tempo weiter erhöhen. Jährlich 22 Giga­watt (22.000 MW) PV-Zubau sind das Ziel – denn der Bedarf an erneuer­barem Strom für den Betrieb von Wärme­pumpen, für die E-Mobili­tät und die Industrie wird immer weiter steigen. Große Anlagen auf Gewerbe­immobilien mit mehr als 100 kW sollen deshalb ebenfalls stärker gefördert werden. Später will die Bundes­regierung mit dem Solar­paket 2 den Ausbau von nach­haltigen Frei­flächen­anlagen ankurbeln und zum Beispiel schwimmende PV-Anlagen sowie die „Agri-PV“ fördern, die Land­wirt­schaft und Solar­nutzung kombiniert.

Mehrfamilien­häuser: Auch Mieter­strom geht jetzt einfacher

Solar­anlagen unter dem Mieter­strom-Modell sollen ab 2024 auch auf gewerb­lichen Gebäuden und Neben­anlagen wie etwa Garagen gefördert werden, wenn der Strom ohne Netz­durch­leitung unmittel­bar in der Nachbar­schaft verbraucht wird. Außer­dem werden technische Anfor­derungen beim Mieter­strom gelockert, damit sich meh­rere Anlagen in Quar­tieren künftig einfacher zusammen­fassen lassen.

Solar auf Mehrfamilienhäusern

Wer eine Solar­anlage in einem Gebäude mit mehreren Miet- oder Eigen­tums­wohnungen oder Gewerbe­mietern betreibt, dürfte bald eben­falls weniger Papier­kram haben. Dazu soll, ergän­zend zum bereits etablierten Mieter­strom-Modell, ein neues verein­fachtes Modell kommen: die „gemein­schaftliche Gebäude­versorgung“. Es entbindet Vermieter und Anlagen­betreiber von vielen büro­kratischen Vorgaben etwa bei der Rech­nungs­legung und Vertrags­gestaltung mit den Miet­parteien. Zudem können sie den verfüg­baren Solar­strom künftig per Gebäude­strom­nutzungs­vertrag direkt an ihre Mieter verkaufen, ohne den Umweg der Ein­speisung ins allgemeine Strom­netz. Zusätz­lich benötigten Strom beziehen die Bewohner dann von einem Ökostrom­anbieter ihrer Wahl. Beim Mieter­strom-Modell muss der Vermieter auch den Rest­strom beschaffen. Im Gegen­zug für manche büro­kratische Erleich­terung entfällt bei gemein­schaftlicher Gebäude­versorgung allerdings die staatliche Förderung, der sogenannte Mieter­strom­zuschlag. Eine Überschuss­einspeisung gegen EEG-Förderung ist aber geplant.

Mann mit Kind auf dem Arm vor Einfamilienhaus mit Solardach
Bauarbeiter bringt Solarpanel auf dem Dach an
Stromzähler

Schnell ans Netz

Balkon-Anlagen sind ein Schwer­punkt des Solar­pakets, aber auch für Betreiber privater Dach­anlagen soll es bald unbüro­kratischer werden. So wird das bestehende vereinfachte Netz­anschluss­verfahren künftig auch für Anlagen bis zu einer Peak-Leistung von bis zu 30 kW angewendet, bisher war bei 10,8 kW Schluss.

Seit 2023: Umsatz­steuer für Solar­anlagen bei null Prozent

Schon seit 1. Januar 2023 ent­fällt für die Lieferung und Insta­llation von Solar­anlagen die Umsatz­steuer. Dies gilt unbe­fristet für alle PV-Anlagen mit einer Peak-Leistung bis 30 kWp auf Wohn­gebäuden oder in ihrer Nähe, etwa auf Car­ports oder im Garten. Für größere Mehr­familien­häuser und Gewerbe­immo­bilien sind 15 kWp pro Wohn- oder Gewerbe­einheit möglich. Entschei­dend für die Steuer­befreiung ist das Aus­lieferungs­datum der voll­stän­digen Anlage, nicht das Kauf­datum, hat das Finanz­minis­terium im August 2023 klar­gestellt. Die Umsatz­steuer­befreiung gilt für alle wesent­lichen Kom­po­nenten einer Photo­voltaik­anlage, wie Module, Wechsel­richter oder auch Batterie­speicher. Käufer von Balkon­kraft­werken profi­tieren eben­falls davon.

Auch viele ältere PV-Anlagen von Ein­kommen­steuer befreit

Weil der Gesetz­geber Anlagen bis 30 kW als „Lieb­haberei“ ein­stuft und von der Ein­kommens­steuer­pflicht befreit hat, können Sie umge­kehrt Abschrei­bungen und Kosten für die Wartung und Instand­haltung nicht mehr steuer­lich absetzen. Die Neu­regelung gilt seit dem Steuer­jahr 2022 rück­wirkend für alle Anlagen, auch für den Bestand. Es gibt keine Wahl­freiheit: Sie können also nicht frei­willig Steuern zahlen, um dadurch andere Vorteile zu nutzen.  Wurden bisher Verluste, zum Bei­spiel aufgrund von Sonder­abschreibungen, steuer­lich bis 2021 berück­sichtigt, werden diese jedoch rück­wirkend nicht geändert. Für Neu­anlagen ab 2022 gibt es diese Option jedoch schon nicht mehr. Erkun­digen Sie sich im Zweifel lieber bei Ihrem Steuer­berater. Weitere Tipps zum Thema PV und Steuern finden Sie zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale.

Solar Paket der Bundesregierung: Fazit

Der Gesetz­geber hat den büro­kratischen Aufwand für die meisten PV-Betreiber und -Betreiber­innen deutlich gesenkt. Sobald sich ihre Investi­tion amor­tisiert hat, können sie dank der Steuer­erleichte­rungen richtig Geld sparen.

Solarsiedlung von oben fotografiert

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