Zero Waste – null Verschwendung

Weniger Müll erzeugen – das lässt sich relativ einfach in den normalen Alltag integrieren. Ohne dass man auf die wesent­lichen Dinge im Leben verzichten muss.  

Einkauf im Unverpackt-Laden - Hand füllt Nüsse ab

Zero Waste bedeutet wörtlich aus dem Englischen übersetzt „null Müll“. Für Normal­verbraucher*innen bleibt das natürlich reine Utopie, denn selbst wenn wir unseren eigenen Müll im Haushalt, bei der Arbeit und auf Reisen bis auf null mini­mieren, produzieren wir indirekt weiter Abfall. Fest steht: Wir verbrauchen zu viele Ressourcen, um die Dinge herzustellen, die wir benötigen oder haben wollen – von Kleidung über Möbel, Smart­phones bis hin zu Verpackungen. Vieles davon landet irgendwann im Müll. In Deutschland kommen auf jeden Einwohner und jede Einwohnerin statistisch gesehen rund 620 Kilo Abfälle im Jahr. Das ist etwa so viel, wie eine Milchkuh wiegt, oder ein großer Konzertflügel.

Deutschlands Müllberg: 7 Cheops-Pyramiden

Rechnet man allen Hausmüll mit allen hausmüll­ähnlichen Gewerbe­abfällen zusammen, dann haben die Deutschen nach den neuesten verfügbaren Zahlen vom Statistischen Bundes­amt im Jahr 2022 mehr als 43 Millionen Tonnen Abfälle produziert. Das entspricht fast sieben Mal dem Gewicht der größten der drei Pyramiden von Gizeh. Höchste Zeit also, etwas gegen die Ressourcen­verschwendung zu tun. Mit bewusster Müll­reduzierung und der Wieder­verwendung von Abfällen könnten unsere begrenzten natürlichen Rohstoffe viel besser genutzt werden.

Zero-Waste, was ist das überhaupt?

Als die Zero-Waste-Pionierin gilt die Bloggerin Béa Johnson. Ihr Buch „Zero Waste Home“ (deutsche Ausgabe: „Glücklich leben ohne Müll”) wurde 2008 ein Best­seller und löste eine globale Bewegung aus. Die Kalifornierin mit französischen Wurzeln pflegt mit ihrer Familie einen konse­quenten Zero-Waste-Lebensstil und hat Einweg­produkte ebenso wie Plastik komplett aus ihrem Alltag verbannt. In TV-Shows und bei Vortrags­reisen, auf denen sie für ein von überflüssigen Besitz­tümern befreites, einfacheres Leben wirbt, verblüfft sie ihr Publikum mit Sätzen wie „Unser ganzer Müll passt in ein einziges Glas“.

Zero Waste – einfacher Leben mit den „5 R’s“

Zero-Waste-Expertin Béa Johnson hat fünf simple Grundsätze formuliert, die so etwas wie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zu einem nachhaltigen Lebensstil sind:

  1. Refuse (ablehnen): Dinge, die man nicht braucht, gar nicht erst kaufen.
  2. Reduce (reduzieren): Auch von dem, was man benötigt, weniger nutzen.
  3. Reuse (wiederverwenden): Gegen­stände möglichst lange in Gebrauch behalten, z. B. durch Repa­rieren oder Upcycling, damit keine neuen produziert werden müssen.
  4. Recycle (wiederverwerten): Stofflich verwerten, was nicht mehr zu gebrauchen ist.
  5. Rot (kompostieren): Sprich, kompos­tierbare Produkte nutzen.

Konsum – die Wurzel allen Müll-Übels

Der beste Müll ist der, der gar nicht erst entsteht – und der Anfang allen Müll-Übels ist der Spontan­kauf. Wer seinen Abfall reduzieren will, sollte sich daher vor jedem Kauf fragen, ob er ein Produkt auch wirklich braucht. Zudem kann man auch auf Dinge zurückgreifen, die bereits im Waren­kreislauf sind. Floh­märkte, Tausch-Apps oder selbst organisierte Nachbar­schafts-Gruppen helfen dabei. Auch können Elektro­geräte so lange genutzt werden, bis sie nicht mehr zu reparieren sind. Ebenso wichtig ist, sich bewusst zu machen, welche Produkte und Verpackungen umwelt­freundlich sind und welche nicht. All das entlastet am Ende nicht nur spürbar das Haushalts­budget, sondern auch die Umwelt. Für jedes neue Produkt und jede Verpackung werden schließlich Energie und begrenzt vorhandene natürliche Ressourcen verbraucht.

Zero Waste – Tipps für Anfänger*innen

Sie müssen kein Zero-Waste-Klassen­primus werden: Jeder Schritt zur Abfall­vermeidung trägt dazu bei, wert­volle Rohstoffe zu schonen und die Umwelt zu schützen. Wir geben Ihnen hier einige Tipps und stellen geniale Smart­phone-Apps vor, die Ihnen die Müll­vermeidung leichter machen.

Einkaufsliste machen

Apps & Tipps: Einkaufs­planer-Apps wie „Die Einkaufsliste“, „Bring!“ (mit Rezeptideen) oder „Überliste Einkaufsliste“ helfen Ihnen dabei, Ihren Einkauf besser zu organi­sieren und weniger wegzuwerfen. Der NABU-Siegel-Check erleichtert den Durch­blick im Label-Dschungel! Einfach Logo oder Siegel von der Verpackung abfoto­grafieren. Die App informiert sofort darüber, um welche Kenn­zeichnungen es sich handelt.

Typische Einkaufsliste

Etwa 30 bis 40 Prozent unserer Einkäufe sind ungeplant. Das trägt massiv dazu bei, dass viele Lebens­mittel in der Müll­tonne landen. Deshalb ist es wichtig, sich eine Einkaufs­liste zu machen und vorher einen Blick in den Kühl­schrank, aber auch in die Vorrats­schubladen zu werfen. Das verhindert überflüssige Doppel­käufe. Und nach dem Einkauf stellen Sie beim Einräumen der Lebens­mittel die mit dem kürzesten Mindest­haltbarkeits­datum konsequent nach vorne, um diese zuerst zu verbrauchen. Apropos: In fast allen Fällen können Lebens­mittel auch nach dem Ablauf des Mindest­haltbarkeits­datums noch gegessen werden.

Unverpackt einkaufen

Apps & Tipps: In der App „Wastelesslife“ haken Sie nicht nur Ihre Einkaufs­liste ab, sondern werden auch dazu animiert, Ihren Kunststoff­konsum beim Einkauf zu reduzieren. Für jedes Produkt können Sie einen Haken bei „mit Plastik“ oder „ohne Plastik“ setzen. Anschließend erstellt die App eine Statistik darüber, wie viel Kunst­stoff Sie für jede Produktart und pro Monat „verbraucht“ haben. 

Frau auf Fahrrad mit Gemüse im Fahrradkorb

Fast 240 Kilo Verpackungs­müll verursacht jeder von uns jährlich! Dazu gehören neben umwelt­schädlichen Plastikver­packungen aus Erdöl auch Unmengen an Papier, Pappe und Kartons. Daher ist es wenig sinnvoll, Kunst­stoff durch andere Materialien zu ersetzen. Verpackungs­müll gänzlich vermeiden ist das Stichwort. In Unverpackt-Läden gibt es die meisten Lebens­mittel, aber auch Wasch­mittel, Shampoo & Co. lose zu kaufen. Dazu bringen Sie einfach Ihre eigenen Vorrats­behälter oder Schraub­gläser mit. Eine bundesweite Liste der Unverpackt-Läden bietet zum Beispiel der NABU.

Unverpackt­läden sind weiterhin rar gesät, doch Milch­produkte und Säfte bekommen Sie auch im Supermarkt aus dem Mehrweg­glas – und saisonales regionales Obst und Gemüse gibt’s lose auf dem Wochen­markt. Aber ehe Sie dorthin aufbrechen: Vergessen Sie nicht, Stoffbeutel für Ihre Einkäufe sowie wieder­verwendbare Obst- und Gemüse­netze mitzunehmen.Und wenn Sie eine Papier­tüte im Geschäft kaufen, sollten Sie diese mindestens viermal nutzen. Erst dann sind sie klima­freundlicher als Plastiktüten.

 

Lebensmittelretter werden

Von krummen Birnen bis zum Joghurt kurz vor dem Mindest­haltbarkeits­datum – pro Kopf und Jahr landen in Deutschland etwa 79 Kilogramm Essen im Müll! Schockierend, nicht? Die gute Nachricht: Mit Unterstützung Ihres Smart­phones können Sie heute ganz einfach zum Lebensmittel­retter werden. In der App Zu gut für die Tonne! vom Bundes­ministerium für Ernährung und Landwirt­schaft finden Sie zum Beispiel zahlreiche Rezepte für die Reste­küche. Einfach die vorhandenen Zutaten eingeben, anschließend werden die Rezepte vorgeschlagen. In der App Too good to go bieten viele Supermärkte, Restaurants und Bäckereien Lebens­mittel zum günstigen Preis in der Überraschungs­tüte an, die Sie sich direkt online reservieren können. So retten Sie Backwaren vom Vortag oder Obst und Gemüse mit Druck­stellen ganz legal vor der Müll­tonne. Solche Läden gibt es sicher auch in Ihrer Nähe.

Etwas Altes in etwas Neues verwandeln – Upcycling

Beim Upcycling wechseln alte Gegenstände nicht nur das Aussehen, sondern oft auch ihre Bestimmung. Omas Kommode ist komplett verzogen und klemmt? Macht nichts. Als Wandregale geben die alten Holz­schubladen noch richtig was her.

Surftipp: Die DIY-Plattform Pinterest ist eine Fund­grube für kreative Zero-Waste-Fans: Aus Altkleidern werden neue Lieblings­stücke genäht, aus antiken Kirchen­bänken Kopfenden für das Bett gezimmert oder aus Getränke­kartons mit den Kindern bunte Geldbörsen gebastelt. Viele Tipps für nachhaltige Upcycling-Ideen finden Sie auch bei DIY-Academy.eu

Reparieren statt wegwerfen

Eine neue EU-Richt­linie gibt Käufer*innen ein Recht auf Reparatur – für einen bestimmten Zeit­raum und über die Gewähr­leistungs­zeit hinaus. Der Käufer muss dem Verkäufer für die Reparatur lediglich eine angemessene Frist einräumen. Bis Ende Juni 2026 soll die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Ein zentrales Element der neuen Regelung ist der digitale Produkt­pass, auf dem man ablesen kann, wie ein Produkt hergestellt wurde, ob es repariert werden kann und seine Bestand­teile wieder­verwertbar sind. 

Symbolbild einer Handy-Reparatur mit Mini-Männchen

Bleibt das Küchen­radio stumm, hat das Handy­display einen Riss oder das Holz­spielzeug­auto ein Rad verloren, könnte ein Besuch in einem Repair-Café weiterhelfen. Die ehren­amtlichen Reparatur­initiativen öffnen zu fest­gelegten Terminen ihre Türen für alle Menschen, die ihren kaputten Besitz­tümern noch ein zweites Leben schenken möchten. Geschickte Hände unterstützen Sie dabei, Elektro­kleingeräte, Kleidungs­stücke oder sogar Klein­möbel und Fahrräder zu reparieren. In fast jeder Stadt gibt es Repair-Cafés. Infos dazu finden Sie zum Beispiel auf der Homepage Ihrer Kommune.

Mit Secondhand die Umwelt schützen

Secondhand ist eine gute Möglichkeit, um Ressourcen zu sparen und etwas Abstand zur Fast-Fashion-Mode zu gewinnen. In fast jeder NRW-Stadt können Sie in Geschäften und auf Floh­märkten nach Vintage-Kleidung stöbern. Gegenüber Second­hand-Markplätzen im Internet wie eBay, Zalando & Co. hat dies den Vorteil, dass kein Verpackungs­material und auch keine ressourcen­fressenden Retouren anfallen, da man die Second­hand-Schätze gleich im Laden anpro­bieren kann. Umgekehrt können Sie gut erhaltene Stücke aus Ihrer Garderobe in Kleider­läden etwa von Kinder­schutzbund oder dem Deutschen Rote Kreuz abgeben. Viele Frauen­häuser nehmen ebenfalls Kleidung und Spielzeug entgegen.

Tipp: Unter altkleiderspenden.de finden Sie Altkleider­sammelstellen, die als transparent und fair und transparent eingestuft sind.

Kleider tauschen – wenn aus Schrankhütern Schätze werden

NRW ist Vintage-Hochburg
Mit knapp 25 Vintage-Läden und -märkten pro 100.000 Einwohner ist Münster nach Nürnberg Deutschlands zweite Second-Hand-Hochburg. Das ergab eine Erhebung des Vintage-Design-Marktplatzes whoppah.com. Aber auch Dortmund, Wuppertal und Bochum belegen Plätze in den Top Ten.

Drei Frauen schauen Second-Hand-Kleidung und Schmuck an

Wer kennt sie nicht, die Kleidungs­stücke, die man begeistert gekauft hat und nun ein trauriges Dasein in der hintersten Ecke des Schranks fristen? Der Pulli vom Ex, die Jeans, in die Sie nicht mehr reinpassen, die Bluse, die von Beginn an ein Fehl­einkauf war … Die gute Nachricht ist: Es gibt Menschen da draußen, die exakt nach dem suchen, was Sie aussortiert haben. Und umgekehrt. Bei Kleider­tausch­events kann man neue Lieblings­teile finden. Erfahren Sie, wo die nächste Kleidertauschparty steigt.

Verschenken oder tauschen ist besser als entsorgen

Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Mode, sondern auch für Möbel, Fahrräder, Spielzeuge, Deko-Artikel, Elektronik­geräte, Faschings­kostüme, Camping­bedarf, Baustoffe und viele Dinge mehr, die sonst in Massen auf kommunalen Wertstoff­höfen landen. Um die Sperrmüll­mengen zu senken, organisieren viele Abfall­entsorger von sich aus Verschenk- und Tausch­börsen. Im nördlichen Ruhr­gebiet bieten zum Beispiel die Gelsen­dienste einen Online-Verschenkmarkt an. Hier kann man von A wie Auto­zubehör bis W wie Werk­zeuge so ziemlich alles inserieren und gratis erwerben. Die Entsorgungs­betriebe von Datteln, Dorsten, Gladbeck, Haltern, Herten, Marl und Reckling­hausen betreiben gemeinsam die Online-Plattform Tauschen und verschenken. Fragen Sie doch auch mal in Ihrer Kommune nach einem solchen Angebot.

Guterhaltene Möbel stehen als Angebot vor einem Haus

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Wenn das Thema Zero Waste Sie interessiert, dann empfehlen wir Ihnen auch diese Artikel im Erenja-Magazin: Um Nachhaltiges Einkaufen & Co. geht es in dem Beitrag „Raus aus Teufels Küche“. Wie Sie Ihren Abfall korrekt trennen, erfahren Sie hier. Auch zur Entsorgung vom Elektro­schrott geben wir Ihnen viele Tipps. Und nach den „5 R’s“ der Müll­vermeidung stellen wir Ihnen die „5 Big Points“ vor, mit denen Sie ihren CO2-Fußabdruck effektiv verkleinern können.

Kreis Höxter will erste „Zero Waste Region“ werden

Als erste Stadt Deutschlands ist Kiel seit 2023 „Zero Waste Certified City“. Das Zertifikat wird von dem Netzwerk Zero-Waste-Europe vergeben. Bis 2035 will die Landes­hauptstadt von Schleswig-Holstein ihren Restmüll halbieren und die Gesamt­abfallmenge um 15 Prozent senken. Jetzt strebt der Kreis Höxter als erster Kreis Deutschlands den Titel „Zero Waste Region“ an. Die Voraus­setzungen sind gut: Nirgendwo in NRW fällt pro Kopf so wenig Müll an: 365,8 Kilo­gramm Abfall hat jeder Bürger und jede Bürgerin im Kreis Höxter im Jahr 2023 entsorgt, so die Zahlen des Landes­betriebs IT.NRW. Damit liegt die Region klar unter dem landes­weiten Durchschnitt mit 441,2 Kilogramm pro Kopf.

Um möglichst viele Menschen auf dem Weg zur Zero-Waste-Region mitzunehmen, lud der Kreis Höxter Vertreter*innen aus Wirtschaft, Verwaltung, der Abfall­wirtschaft und der Bürgerschaft zu Ideen­workshops ein. Daraus entstand das jetzt vorliegende Konzept mit 25 konkreten Maßnahmen, die ab 2025 mit Unterstützung des Kreises umgesetzt werden sollen. Das Spektrum reicht von Mehrwegg­eschirr bei Veranstaltungen über die Förderung von Reparatur­cafés, Upcycling-Workshops, Kampagnen gegen Lebens­mittel­verschwendung und Schul­projekt­wochen bis hin zur Beschaffung nach Zero-Waste-Kriterien in den kommunalen Verwaltungen. Sprechen Sie doch Ihre Stadt oder Ihren Kreis darauf an, ebenfalls zur Zero Waste City oder Zero Waste Region zu werden.

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